Ein schwacher Asterix am Rhein

■ Wolfgang Menges „Baldur Blauzahn“ startet um 21 Uhr in West 3 / „Vielleicht zu viel hineingepackt“ / Aktuelle Bezüge sind schon überholt

Asterix und Obelix gucken um die Ecke, Fred Feuerstein läßt grüßen und Barni Geröllheimer winkt ermunternd - Wolfgang Menges 13teilige WDR-Serie Baldur Blauzahn läßt viele Erinnerungen zu. Am stärksten drängen sich allerdings die pfiffigen Gallier auf - aufgrund von Wortwahl und Wortwitz, aber auch aufgrund von Zeit und Ort, in denen die Spielhandlung angesiedelt ist. Allerdings: Selbst der schwächste Asterix-Comic ist dieser Serie noch überlegen.

Im germanischen Ort Bonarum am Fluß Rino spielt die Serie und sie handelt von den Abenteuern der Sippe Blauzahn: von Baldur Blauzahn (Eberhard Feik), dem Erfinder, von seiner Frau Thusnelda, genannt Tussi (Witz komm raus, du bist umzingelt!), von Schwager Sigurd, der Christ wurde, von Großvater Heinrich, der ständig Anekdoten aus der Geschichte von sich gibt, vom Kimbern Bendix, der in Bonarum Asyl sucht, von Vetter Graumantel, der Kampfdackel züchtet, gegen die nur die Blauzahn-Flöte hilft... Das alles über 13 Folgen ausgewalzt, mit aktuellen Ansielungen versehen (Wahlen, Werbung, Wirtschaftsfragen) und mit geschichtlich -sagenhaften Fragmenten durchsetzt (Nibelungen, Artus, Wikinger, die Schlacht im Teuteburger Wald). Stolz wird beim WDR berichtet, daß die Serie in äußerst kurzer Zeit gedreht wurde: pro Folge a 30 Minuten seien nur vier Tage aufgewendet worden - die Schauspieler mußten wie bei einem Bühnenstück agieren. Das macht sich leider bei der Qualität bemerkbar. Texte werden aufgesagt, die Sprache wirkt gekünstelt, die Witzchen wiederholen sich: „Das kann einem ganz schön auf den Schurz gehen!“

„Vier Schichten“, so erklärt Wolfgang Menge, habe er in Baldur Blauzahn übereinandergelegt und ineinandergeschrieben: „Erstens: Eine über den Stoff, aus dem Germanen sind. Zweitens: Eine Familienserie voll von heutiger Traurigkeit. Eine märchenhaft kostümierte Satire über all die Geschichten, die uns im politischen Teil unserer Zeitungen manchmal unterhalten, manchmal auch gar nicht, drittens. Und viertens eine Serie über Schimpf, Glanz und Komik des deutschen Wesens, aus dem wir gemacht sind.“

Wahrscheinlich waren das eine oder zwei Schichten zuviel, die der Autor da ineinander verwoben hat: denn in der Serie lassen sie sich vor lauter Klamauk kaum noch ausmachen. Deutlich werden immerhin die aktuelle Zeitbezüge - doch da sie sich zu einem Großteil auf die DDR beziehen, sind sie von der Geschichte inzwischen überholt. Vetter Graumantel, der sich und die Seinen mit einer Mauer umgeben hat, muß bei Baldur Blauzahn noch Dienst tun, während sein reales Vorbild längst im Altersheim sitzt.

„Hier ist sehr viel hineingepackt worden“, gibt denn auch Wolfgang Menge zu, „vielleicht zu viel.“ Allerdings bescheinigt er der Verfilmung seines Buches eine „werkgetreue, adäquate Umsetzung“, so daß die Schwachstellen von Baldur Blauzahn schon in der Vorlage ihre Ursachen haben müssen. Natürlich: Es gibt immer wieder auch ganz witzige Szenen, treffliche Anspielungen, hübsche Wortspielereien. Doch im Grunde zeigt sich dann lediglich, was das Thema hätte hergeben können, wenn etwas mehr Zeit und Mühe investiert worden wären. Die ARD jedenfalls mutet dieses Germanenstück, das ursprünglich fürs Erste gedacht war, nur den West-3-Zuschauern zu.

Manfred Kellner