Kein Bündnis

■ betr.: "Das gesamtdeutsche Ende der Ostermärsche?", taz vom 17.4.90

Betr.:„Das gesamtdeutsche Ende der Ostermärsche?“,

taz v. 17.4.90

Erster Berliner Ost-West

Ostermarsch

Die taz-Berichterstattung über den Berliner Ostermarsch enthielt zwei wesentliche Falschinformationen und traf inhaltlich knapp daneben, aber doch vorbei:

1. Auch wenn es sich die einen wünschen und die anderen als Indiz für die AL-Entwicklung sehen möchten: Aufrufer zum Ostermarsch war kein „Bündnis“ aus AL, VL, PDS und FDJ sowie (die unbedeutende Anzahl von) 60 Friedensgruppen aus Ost und West. Sondern: Das „Ost-West-Ostermarsch-Komitee“, dem die o.g. Organisationen nicht angehörten, dessen West -Teil als AG der Friedenskoordination die Breite der Berliner Friedensbewegung repräsentierte, dessen Ost-Teil verschiedenste nicht-parteipolitische Friedensinitiativen ausmachten, und veröffentlichte, welche Organisationen die im Aufruf formulierten friedenspolitischen Forderungen vorrangig die der Entmilitarisierung - (die in der taz nicht thematisiert wurden) unterstützen.

2. Wer solche Forderungen bejaht, unterstützt die Sache, nicht andere UnterstützerInnen. Wer meint, ein Ostermarsch würde durch die als anhaltend betrachtete Vergangenheit anderer UnterstützerInnen unglaubwürdig - so auch die Berliner West-CDU -, instrumentalisiert ihn. Die Auseinandersetzung um die Formierung einer DDR-Opposition kann nur dort geführt werden, die um die Formierung einer gesamtdeutschen Linken nicht auf dem Rücken des Ostermarsches.

3. Das weiß auch Peter Kirchner, Vorsitzender der Ostberliner Jüdischen Gemeinde, der auf der Auftaktkundgebung nahe dem jüdischen Friedhof sprach und dies vor Konrad Weiß zusagte, also nicht sein „Ersatzmann“ war.

Jetzt kann man es als „Streicheleinheiten für die PDS“ mißverstehen, wenn auch er betont, was Friederich Schorlemmer auf der Abschlußkundgebung formulierte: „Nach 40 Jahren Ausgrenzung durch die SED wäre es nicht friedensfördernd, wenn wir gleich wieder ausgrenzen würden.“

Daß Schorlemmer, ebenso wie die zweite Rednerin der DGB -Jugend den taz-LeserInnen verschwiegen wurde, ist ein uns altbekanntes Übel der Medien, die passende Zutaten für ihr Süppchen suchen: Die Aktuelle Kamera hat dafür Petra Morawe „vergessen“, die im übrigen nicht zum berechtigten Thema: „Kriminalisierung der unabhängigen DDR-Friedensbewegung durch die alte SED“ unterbrochen wurde, sondern dort, wo sich DDR-OstermarschiererInnen als „nicht-erneuert“ diskreditiert fühlten. Morawe, die im Gegensatz zu Weiß gerade sprechen wollte, lag die Unabhängigkeit der Friedensbewegung am Herzen.

Uns auch!

Vom Berliner Ostermarschkomitee: Harald Diehlmann; Horst Hagelberg; Gundula Kirchhoff; Sabine J. Kyszon; Peter Schrott; Holger Wetuschat; Norbert Wich