Diestel will Stasi „endgültig zerschlagen“

■ Der Innenminister bleibt dabei: Bürgerkomitees künftig nur noch beratend bei der Auflösung des Staatssicherheitsdienstes / Stasi ein Werk des Teufels / Bonner Grundgesetz ist für ihn ein „funktionierendes Modell“ für die DDR, doch leider gelte noch das alte DDR-Verfassungsrecht

Berlin (taz/dpa) - Der frischgebackene DDR-Innenminister Peter-Michael Diestel hat angekündigt, er wolle die noch vorhandenen Strukturen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) „endgültig“ zerschlagen. In einem Interview mit der 'Welt‘ am Samstag kündigte der DSU -Politiker weiter an, er werde bei der Behandlung der Stasi -Akten eine Lösung anstreben, „die die Interessen der einzelnen Menschen hinsichtlich ihres Personen- und Datenschutzes wahrt, aber auch eine Aufarbeitung unserer Geschichte zuläßt“. Er wolle, daß die Akten „kein Problem“ für den Aufbau der demokratischen Ordnung in der DDR würden.

Unter den Bürgerkomitees, die die Auflösung des MfS bisher überwacht haben, war in der vergangenen Woche heftige Kritik an Diestel laut geworden. Die ehrenamtlichen Auflöser warfen ihm vor, die Auflösung der Stasi unter seine alleinige Kontrolle bringen und sie damit der „gesellschaftlichen Kontrolle“ entziehen zu wollen. Diestel erklärte nun im Gegenzug, er habe von der neu gewählten, demokratisch legitimierten Regierung „den Auftrag, dieses Problem im gesamtgesellschaftlichen Interesse zu lösen“. Und „das schließt aus“, daß „eine unkontrollierte Handhabung dieses verbrecherischen Potentials betrieben wird.“ Die Bürgerkomitees sollen zukünftig nach Diestels Willen „beratend“ einbezogen werden. Eine Entscheidung über Vernichtung oder Archivierung der Stasi-Akten, so Diestel, könne nur die Regierungskommission treffen, die sich vom Auftrag des Parlaments lenken lassen werde.

Es gebe berechtigte Interessen, Rehabilitierungen zu betreiben, sagte Diestel weiter. Es sei jedoch eine Frage, ob die Stasi-Akten als Beweismittel zulässig seien, „weil sie ja Produkte des Bösen, Produkte des Teufels sind“. Wenn aber Straftatbestände erfüllt seien, müßten diese auf jeden Fall verfolgt werden.

Angesprochen auf de Maizieres Dank an den vormaligen Ministerpräsidenten Modrow für die von ihm geleistete Arbeit, meinte Diestel, er halte das für eine korrekte und notwendige Reaktion, die allerdings keine Wertung der Arbeit Modrows beinhalte.

Zur Diskussion um die DDR-Verfassung sagte Diestel, die DSU als eine der vier Parteien in der Koalitionsregierung habe dazu das Bonner Grundgesetz im Auge. Dieses sei „ein gut funktionierendes Modell“, das aber durchaus verbesserungsfähig sei. „Bedauerlicherweise“ müsse man aber bis dahin mit dem juristischen Rahmen der jetzigen Verfassung arbeiten, auch wenn man ihren Inhalt ablehne. „Ich hätte lieber eine intakte Verfassung, das war aber nicht möglich“.

Nach eigenen Angaben kann der DSU-Politiker „völlig unbelastet“ an seine politische Aufgabe herangehen. Wenn man ihn aber in der DDR nach der Schuld frage, dann müsse er sagen, „es gibt nur zwei, die in diesem System unschuldig gewesen sind. Das ist das neugeborene Kleinkind und der Alkoholiker, der jeden Tag abgefüllt war“.

wg.