Das Kind, mein Besitz

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(ML - Mona Lisa, So., ZDF, 18.10 Uhr) Kinder in der Familie: Oft dienen sie als Puffer zwischen den Ehepartnern, als rechtlose Adressaten für Unzufriedenheit und menschliche Insuffizienz jeder Art. Neben „ganz normaler“ Kindesmißhandlung, täglich und zehntausendfach, schätzt das BKA die Zahl des sexuellen Kindesmißbrauchs auf 300.000 Kinder jährlich. Vorausgesetzt, daß dabei die Dunkelziffer miterfaßt ist und vorausgesetzt, daß eine Familie aus mindestens drei Menschen besteht, so sind in diesem miesesten aller patriarchalischen Verbrechen, am Seelenmord an Kindern in diesem Land, wissentlich oder unwissentlich zirka eine Million Menschen beteiligt. In ML wie auch in der einschlägigen Literatur wurde darauf hingewiesen, daß die Täter (Väter, Stiefväter, Erziehungsberechtigte/Lehrer etc., und Nachbarn, etwa in der Reihenfolge) sich zwar als schuldig vor dem Gesetz empfinden, aber als unschuldig vor ihren besudelten Kindern. Unter dem Motto: „Das ist mein Kind, da mach‘ ich mit, was ich will.“

Das Kind ist der Besitz der Eltern (genauer: der Väter! d.S.), es steht ihnen zum freien patriarchalischen Verfügungswahn. Man darf den Hort der Familie also als letzten menschenrechtsfreien Raum betrachten, in dem die Macht des Stärkeren noch Gesetz ist. Man könnte es so auf den Nenner bringen: Während in der 3. Welt jede Minute zehn Kinder an den Folgen des Hungers sterben, verbringt man die Freizeit in der pervertierten Wohlstandsgesellschaft damit, Fotos von sechsjährigen Mädchen zu schießen, die mit einem Vibrator masturbieren, weil ihnen dies als einziger Weg zum emotionalen Überleben gewiesen worden ist. Das Magazin ging einfühlsam mit den Betroffenen Kindern und Müttern um, außen vor blieb aber leider die Malaise mit der patriarchalischen Rechtsprechung. Das Kind muß, genau wie eine vergewaltigte Frau, seine Glaubhaftigkeit nachweisen, es könnte den Onkel ja aus Gemeinheit beschuldigen. Bloß, wo hat das Kind die pornographische Phantasie her? Sie muß ihm wohl in die Wiege gelegt worden sein, wie man so sagt. Keine Erwähnung fand auch eine andere Ungeheuerlichkeit der patriarchalischen Rechtssprechung, nämlich die Bewertung des Vaginalverkehrs als schwerstem Rechtsdelikt (Höchststrafe). Ich schlage eine Umfrage bei Mädchen zwischen dem 2. und 6. Lebensjahr vor, welche Penetration ihnen den meisten „Spaß“ gemacht hat: die orale, die vaginale oder die anale.

Für die allermeisten Selbsthilfeorganisationen, die ehrenamtlich arbeiten und sich für präventive Maßnahmen an Schulen und Kindergärten einsetzen, gibt es kein Geld. Dazu die Anmerkung der anwesenden Psychologin: Als Aids bekannt wurde, da gab es Geld, weil die Erwachsenen Angst hatten. Für die 300.000 Kinder, die in diesem Land tagaus tagein Angst haben, steht Geld nicht zur Verfügung. Soll man fragen, wieso?

Layla Schimmel