Schwedens Sozialdemokraten weichen der Autolobby

Brücke nach Skandinavien sicher / Als nächstes Fehrmarnsund? Dänemark sieht Dringlichkeit wegen Wiedervereinigung / Kritik an Kiel  ■  Aus Stockholm Reinhard Wolff

Es wird eine kombinierte Auto- und Bahnbrücke über den Öresund geben. Dies steht faktisch fest, nachdem am Freitag abend auch die schwedischen Sozialdemokraten grünes Licht für eine entsprechende feste Verbindung zwischen Malmö und Kopenhagen gegeben haben. Die von Umweltschützern favorisierte Lösung, ein reiner Eisenbahntunnel, wurde als „nicht finanzierbar und deshalb wirtschaftlich nicht tragbar“ zurückgewiesen.

Damit stehen auf schwedischer Seite die erforderlichen parlamentarischen Mehrheiten, selbst falls es - wie zu erwarten - eine größere Anzahl sozialdemokratischer AbweichlerInnen geben sollte: auf seiten der konservativen Opposition liegen die Mehrheiten für eine Brücke schon länger fest. In Dänemark waren die Weichen hin zu einer Brücke bereits Anfang dieses Monats gestellt worden. Hier hatten die Sozialdemokraten zwar bis zuletzt einen Eisenbahntunnel favorisiert, auf schwedischen Druck hin aber ihr Umweltbewußtsein vergessen. „Die schwedischen Parteigenossen haben uns klargemacht“, so Parteivorsitzender Svend Auken, „daß es entweder eine kombinierte Brücke oder gar keine feste Verbindung geben werde.“ Eine feste Verbindung soll es aber sein, weil Dänemark angesichts eines vereinten Deutschlands mehr noch als vorher um die Konkurrenzkraft seiner Wirtschaft fürchtet. Auken: „In Schweden liegen Pläne von Superfähren für ostdeutsche Häfen in der Schublade, die den Hauptverkehrsstrom von Nord nach Süd von Dänemark abziehen würden.“

Daß gerade dies kein großer Schaden sein müsse, im Gegenteil, meinen Umweltschützer aus Dänemark und Schweden. Mehrere Umweltgruppen, sowie die Jugendorganisationen aller schwedischen Parlamentsparteien, mit Ausnahme der Konservativen, haben mittlerweile ein Aktionsbündnis geschlossen. Versuchen zu retten, was noch zu retten ist, lautet für Kent Carlsson vom sozialdemokratischen Jugendverband SSU die Devise. Unter dem Motto Die Öfesundsbrücke muß gestoppt werden wird eine Kampagne vorbereitet, die den Widerstand in erster Linie politisch führen will. Reiche dies nicht aus, gebe es aber auch durchaus Gruppen in dem Aktionsbündnis, die, so Lars Igeland, Vorsitzender des Umweltbundes, zu „Aktionen zivilen Ungehorsams“ bereit seien: „Der Autoverkehr ist das größte hausgemachte Umweltproblem hier in Schweden. Die Öresundbrücke ist eine weitere kräftige Vitaminspritze für den Autoverkehr statt der von den Sozialdemokraten vielbeschworenen Systemwende. Hier lohnt Widerstand.“

In Dänemark ist der Widerstand gegen den Brückenbau in einer schon länger bestehenden Gruppenverbindung „Scan Link -Nej Tak“ (Scan-Link-Nein danke) organisiert. Diese kämpft gleich gegen drei Brückengroßprojekte: Die schon im Bau befindliche Große-Belt-Brücke zwischen den Inseln Fünen und Seeland, die Öresund-Brücke und ein Projekt, das zwangsläufige Folge der Öresund-Brücke sein wird: eine feste Verbindung zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark. Bei den dänischen und schwedischen UmweltschützerInnen wird heftig kritisiert, daß es gerade die sich sonst so umweltfreundlich gebende sozialdemokratische Landesregierung in Kiel ist, die hier treibende Kraft spielt. Durch den Bau dieser Autobrücken werde eine einmalige Chance verspielt: den Skandinavienverkehr mit dem Bau von Bahntunnels auf die Schiene zu stellen.