3850 Kinder ohne Betreung

■ HeimleiterInnen mit Auswahl überfordert / Anbauten sind „Flickschusterei“

In diesen Tagen bekommen Eltern, die ihr Kind für einen Platz im Hort oder Kindertagesheim angemeldet haben, ihre Zusage. Die rund 3.000 Absagen für den Vorschulbereich und 850 Absagen für den Hortbereich haben die HeimleiterInnen noch nicht verschickt: Vielleicht wird einPlatz ja noch frei und kann noch vergeben werden.

Das Desaster der zahlenmäßigen Fehleinschätzung des Bremer Nachwuchses wiegt schwer auf den Schultern der HeimleiterInnen, die eigenverantwortlich die Auswahl der Kinder entscheiden und rechtfertigen müssen. Die Auswahl orientiert sich an sozialen Kriterien wie Wohnsituation, Kinderreichtum, Ausländerstatus, Berufstätigkeit einer ledigen Mutter und an dem Alter des Kindes. Längst werden nur noch „Problemfälle“ aufgenommen. Wer seinem Kind etwas Gutes tun, es fördern und auf die Schule vorbereiten will, hat keine Chance, einen Platz zu ergattern.

Ulrike Rohlfs vom Kinderta gesheim am Nuestadtswall: „Manche Kinder müssen wir regelrecht rausschmeißen. Daß Neun-oder Zehnjährige unversorgt und allein zu Hause bleiben, wird uns persönlich angekreidet. Im Grunde könnte man ein Losverfahren einführen.“

Der Senat hat schon 1989 versprochen, bis 1995 durch An-ud Ausbauten wieder genug Plätze zu schaffen. „Aber“, so Irmtraud Otzen von der Kita am Heinrich-Imbusch-Weg, „wir wollen keine Masseneinrichtungen werden. Acht Gruppen sind für eine Einrichtung genug.“ Während die Kitas auf ihren Anbau warten, laufen die Kinderzahlen und die Kosten den Politikern weg. Für die 150 Gruppen, so rechnen die delegierten HeimleiterInnnen schnell für die Presse übern Daumen aus, müßten für die Neubauten rund 60 Millionen Mark veranschlagt werden und nochmal 5 Millionen fürs Personal.

Bereits vor einigen Jahren

zeichnete sich der Kinderzu wachs ab. Jetzt kommen die Kinder der geburtenstarken Jahrgäönge dazu, außerdem die der Aus- und Übersiedler und der über Dreißigjährigen, die in der Senatsstatistik gar nicht auftauchen. Die Frauenerwerbstätigkeit ist gestiegen und ganz allgemein das Bewußtsein, Kinder vorschulisch fördern zu wollen.

Die Kita-Angestellten können nicht viel tun: streiken dürfen sie nicht und, so Mathias Ehmke, Personalrat: „Ein Boykott würde das Problem auf dem Rücken der Betroffenen austragen. Jetzt sind Anstrengungen vonnöten, die über die Heimleiter hinausgehen. Gewerkschaften und Personalräte müssen aktiv werden.“

Die HeimleiterInnen werden sich in den nächsten Wochen mit den Widersprüchen der Eltern auseinandersetzen müssen - was heißt, eine nochmalige Begründung für etwas zu formulieren, das sie nicht vertreten können. Beate Ram