Rettungschaos im Startbahnwald

■ Angeschossener Polizist konnte die Schüsse im Startbahnwald nicht aufklären / Trotz schwerer Verletzungen keine Aufnahme in der Ambulanz / Die Verteidiger stellen Befangenheitsanträge

Frankfurt (taz) - Ein bei Auseinandersetzungen an der Startbahn 18-West des Frankfurter Rhein-Main-Flughafens im November 1987 schwer verletzter Beamte konnte gestern vor Gericht zur Klärung der Tatumstände wenig beitragen. Der heute 27jährige Polizeimeister Uwe Köhler gehörte zu einem Beweis- und Festnahmetrupp, der nach Auflösung einer Demonstration zum sechsten Jahrestag der Hüttendorf-Räumung an der Startbahn-West „vermummte Störer“ weit über die zuvor festgelegte „Räumungslinie“ verfolgte.

Rund 80 Meter vor dem Gundbach stoppte der Trupp, so Polizeimeister Köhler. Aus einem hinter dem Bach gelegenen Waldstück seien die Beamten unter massiven Feuerwerk- und Stahlkugelbeschuß geraten. Es sei deshalb der Befehl zum Rückzug ergangen. Unmittelbar darauf habe ihn ein Schlag an der Brust getroffen, er sei umgefallen. Von Kollegen wurde er zur Startbahn zurücktragen und im allgemeinen Rettungschaos zunächst in die Flughafenambulanz gebracht worden. Als „Leichtverletzten“ habe man ihn jedoch abgewiesen. Erst in den Städtischen Kliniken in Höchst sei ein Lungendurchschuß attestiert worden. Im Rücken sei ein neun Milimeter Projektil herausoperiert worden, daß aus der gleichen Pistole „Sig Saur“ stammte, mit der am Abend des 2. November 1987 zwei Polizisten erschossen und andere verletzt wurden.

Die Bundesanwaltschaft beschuldigt die im Startbahnprozeß seit Februar 1989 angeklagten Andreas Eichler und Frank Hoffmann die Schüsse abgefeuert zu haben. Beweise für die Vorwürfe erbrachte der Prozeß bislang nicht.

Wegen Verfahrensfehlern des Strafsenats stellte die Verteidigung gestern mehrere Befangenheitsanträge. Zum anderen wird die Abberufung des Vorsitzenden Richters Schieferstein gefordert, nachdem dieser sich geweigert hatte, einen „potentiellen Zeugen“ aus dem Zuschauerraum zu weisen.

M.B.