Flughafen: „Verhandlung ja, Erpressung nein“

■ Anlieger bieten dem Senat einen Ausweg aus seiner Zwickmühle um die Startbahnverlängerung / Interview mit dem Anwalt Axel Adamietz

taz: Die Enteignungsbehörde hat entschieden, daß eine Startbahnverlängerung juristisch nur dann möglich ist, wenn sie dem „Allgemeinwohl“, das heißt nicht nur dem Interesse von MBB dient (vgl. S. 21). Könnte damit die Weigerung des Landwirts Wähmann, sich enteignen zu lassen, nicht als Schuß nach hinten losgehen, wenn der Senat nun eben doch die allgemeine Nutzung der Startbahn beschließt?

Axel Adamietz: Das ist eine politische Gefahr, die werden wir aber zu verhindern wissen. Was wir, das heißt die Anlieger und der Landwirt Wähmann, nur machen konnten, war, dem Senat den Preis für sein Vorgehen aufzuzeigen und die Zwickmühle zu zeigen, in die er sich selber damit manövriert hat.

Nicht Ihr, sondern der Senat

steckt in der Zwickmühle?

Ja, 1973 hat der Senat höchstfeierlich versprochen: keinen Meter Beton mehr an der Startbahn. Jetzt will er die Startbahn doch verlängern, also: Wortbruch. Damit es nicht so auffällt, wollte er

hier das Foto mit

dem Mann Foto: Steinberg

mit juristischen Tricks - hier nennt man das privatnützige Enteignung zugunsten einer Firma

den Eindruck erwecken, als ob es kein Wortbruch sei.

Wortbruch oder unrechtmäßige Enteignung - wie ist der Bürgermeister in diese Zwickmühle geraten?

Das liegt alles daran, daß der Senat es vermieden hat, die Gesamtflughafenplanung - zum Beispiel die angepeilte starke Ausweitung des Verkehrs im Konzept „Flughafen 2000“, die wir übrigens rechtlich kaum verhindern können - öffentlich zu debattieren.

Darum geht es aber den Anliegern. Die wollen ja nicht den Flughafen kaputt machen, die wollen auch nicht MBB kaputt machen. Aber sie fordern die Offenlegung der Preiskalkulation dafür - und das ist nicht nur eine finanzielle, sondern auch eine ökologische und eine gesundheitliche.

Jetzt sagt der Bausenator: Wenn wir die vollen 600 Meter nicht bauen dürfen, dann muß der Super-Guppy eben öfter nachts fliegen.

Eine Ausnahme vom Nachtflugverbot muß der Senat aber rechtfertigen und der politische Aufschrei wird nicht ausbleiben. Genau das will er vermeiden. Es gibt keinen Rechtsanspruch auf Ausnahme vom Nachtflugverbot. Weder Werder Bremen kann sich darauf berufen noch MBB.

Worauf wollen die Anlieger jetzt hinaus?

Die Anlieger wollen natürlich, daß der heutige Bestand des Flughafens mit ihnen zusammen verträglich geplant wird, ohne daß es zu einer Ausweitung kommt. Das, was jetzt da ist, ist für sie erträglich, aber mehr nicht. Sie wollen eine Festschreibung hin

sichtlich Lärm aber auch Abgasen usw. Das setzt eine Gesamtkonzeption voraus.

Eurer Meinung nach hat sich der Senat jetzt in eine Situation manövriert, in der er Kompromißbereitschaft zeigen müßte?

Das hielte ich für sinnvoll. Es ist jetzt eine politische Lösung nötig.Mankann nicht alle Tage ein Häppchen Flughafen planen. Da muß man die nächsten 20 Jahre ins Auge fassen und dann auch mal einen Schlußstrich ziehen, wie groß dieser Bremer Flughafen maximal sein soll.

Der Senat steht ja nicht nur bei den Anliegern durch die Erklärung von 1973 im Wort, sondern auch bei MBB, daß die 600 Meter zusätzliche Startbahn im Sommer zur Verfügung stehen.

Und unser Herr Bürgermeister ist da im Aufsichtsrat. Das ist ein

Spagat - früher haben wir das eine Breitbandlüge genannt den er nur bewältigen kann, wenn er beide Seiten an einen Tisch bringt. Wir sind dazu bereit. Die Anlieger haben ein Interesse, daß endlich mal Ruhe ist und nicht jedes Jahr ein neues Planfeststellungsverfahren auf sie zukommt.

Bisher hat es mit den Anliegern noch nie eine solche offene Diskussion gegeben?

In dieser Form nicht. Der Senator Kunick ist zu Herrn Wähmann gepilgert, selbst Herr Wedemeier ist zu Herrn Wähmann gepilgert. Die sind gekommen, um Herrn Wähmann zu überreden, daß er freiwillig das machen soll, was sie ihm mit der Pistole auf der Brust abverlangen. Wir wollen verhandeln, aber uns nicht erpressen lassen.

Fragen: Dirk Asendorpf