K O M M E N T A R Unerwünscht ins Leben

■ Frauen müssen über Kinderhaß reden dürfen (s.S.22)

Briefe an das ungeborene Leben wurden öffentlich geschrieben. Sehnsuchtsvolle Entwicklungswege zurück in Mamas Schoß bereits besungen. Den Haß des Kindes auf seine Eltern unterstellt Freud phasenweise jedem Menschen. Doch das „Ich bin unerwünscht. Meine Mutter liebt mich nicht“ kommt kaum über irgendjemandes Lippen. Und daß leibhaftige Mütter bekennen: „Ich hab dich nicht gewollt. Ich hasse dich“ - das ist selten. Daß eine Frau gegen ihren Willen Mutter werden muß, diskutiert man öffentlich. Aber daß eine zur Mütterlichkeit verdammte Frau Abneigung gegen den Nachwuchs hat, daß der Gedanke an Abtreibung auch nach der Geburt manchmal wieder hoch kommt, daß ein junges Mädchen seinem Kind nie verzeiht, ungewollt heiraten zu müssen - all das, was am Herzen nagt, darf in kinderwunsch-verklärenden Zeiten nicht öffentlich werden.

„Jedes Kind hat das Recht, erwünscht zu sein“ hatte bundesdeutsche Familienpolitik in den 70ern lautstark proklamiert. Immer noch werden die manchmal lautlosen, wütenden Schreie kreißender Frauen, die keine Mütter sein wollen, übergangen. Dagegen müssen Frauen anschreien. Auch für die Kinder.

Birgitt Rambalski