Frauenhändler bleibt Frauenhändler

Mitglieder von „Terre de Femmes“ prangern Heiratsvermittler als Frauenhändler öffentlich an / Gericht in diesem Fall für freie Meinungsäußerung / Strafanzeige wurde bereits früher eingestellt  ■  Von Annette Goebel

Freiburg (taz) - Eine „Zusammenführung gleichberechtigter Partner“ sei das nun nicht gerade, befand der Richter und zitierte aus dem Werbeschreiben: „Eine Brasilianierin ist auf die Welt gekommen, um für die Zweisamkeit zu leben und für einen liebenswerten Mann immer da zu sein. Das sind die Worte der Damen unserer Kartei.“

Vor dem Freiburger Landgericht stand vorgestern der Besitzer dieser Kartei - als Kläger. Waldemar Watzko, Betreiber der „Tropical-Partnervermittlung“ im Kaiserstuhl -Dorf Gündlingen, hatte gegen Mitglieder von Terre des Femmes, einer internationalen Organisation, die sich für die Menschenrechte von Frauen engagiert, Klage wegen Beleidigung erhoben und Unterlassung gefordert. Die Freiburger Frauen hatten ihn nämlich öffentlich einen Frauenhändler genannt.

Um Watzkos Ruf ist es in Gründlingen, einer 1.000 -EinwohnerInnen-Gemeinde in Südbaden seither geschehen. Vergangenen November hatten die GründlingerInnen ein Flugblatt mit dem Titel: „Frauenhändler in Gründlingen“ in ihren Briefkästen gefunden. Darin klärte Terre des Femmes über den frauenfeindlichen Nebenerwerb des Mitbürgers auf. Durch Kleinanzeigen in der örtlichen Presse, in denen Brasilianerinnen auf der Suche nach einem „deutschen Lebenspartner“ angepriesen wurden, war die Menschenrechtsgruppe auf den Vermittler aufmerksam geworden. Die Frauen gaben sich als Interessenten aus und schon kam der Werbekatalog mit der Post ins Haus: Eine Serie durchnummerierter Porträtfotos brasilianischer Frauen, mit Vornamen, Alter und Berufsangabe. Der Katalog bestätigte den Verdacht der Frauen auf „legalen Frauenhandel“. In ihrem Flugblatt informierte Terre de Femmes über das „Geschäft mit der Armut“, das Frauen aus der „Dritten Welt“ häufig in die Prostitution zwingt. Denn es könne nicht verhindert werden, daß sich Zuhälter und Bordellbesitzer aus den Katalogen bedienten.

„Weil es gegen die gewerbliche Vermittlung ausländischer Frauen zwecks Eheschließung keine rechtliche Handhabe gibt, müssen wir mit Aktionen die Öffentlichkeit darauf aufmerksam machen“, erklärte Siggi Leder, Mitarbeiterin bei Terre des Femmes Freiburg. Die Gruppe kann bereits auf Erfolge zurückblicken: Ein Vermittler, der vorwiegend asiatische Frauen anbot, mußte sich nach einer ähnlicher Aktion vom Markt zurückziehen, ein zweites Unternehmen, das sich in Freiburg ansiedeln wollte, blies sein Vorhaben daraufhin ab.

Denunziation als Ersatz für fehlende rechtliche Möglichkeiten zog auch im Fall von „Tropical“: Geächtet von den DorfbewohnerInnen schalte Watzko keine Anzeigen mehr. Seine Strafanzeige gegen die Freiburger Frauen wurde wegen mangelndem öffentlichen Interesse eingestellt. Und auch mit seiner zivilrechtlichen Unterlassungsklage wird er kaum mehr Glück haben. Auch der Richter schien der Meinung zu sein, daß das Recht auf freie Meinungsäußerung den Begriff „Frauenhändler“ im vorliegenden Fall gestatte. Der Katalog, in dem pauschal Brasilianierinnen offeriert würden, lasse schließlich den Schluß zu, daß mit den Frauen wie mit einer Ware gehandelt werde. “'Brasilianerinnen‘ - da könnte man auch schreiben: 'Staubsauger'“, erklärte der Richter. Das Urteil wird Mitte Juni gefällt.