Schocktherapie für Griechenland

Der neue Premierminister kündigt Privatisierungen an / Gewerkschaften wollen sich wehren  ■  Aus Athen Robert Stadler

Nach dreitägiger Debatte über die Regierungserklärung sprach das griechische Parlament Ministerpräsident Konstantinos Mitsotakis und seiner konservativen Nea Demokratia das Vertrauen aus. Gestützt auf den Abgeordneten der „Demokratischen Erneuerung“ (DiAna) und den Vertreter der moslemischen Minderheit, erhielt die neue Regierung 152 von insgesamt 300 Stimmen; die PASOK, die „Linkskoalition“ und die „Ökologen-Alternativen“ votierten dagegen.

Notgedrungen drehte sich die Debatte fast nur um Wirtschaftspolitik. Die Auslandsschulden haben 20 Milliarden US-Dollar überschritten und in der Zahlungsbilanz klafft ein Loch von 2,5 Milliarden US-Dollar. Dazu liegt das Wirtschaftswachstum bei unter zwei Prozent. Griechenland wird im Vergleich zu den anderen EG-Staaten immer ärmer.

Am Anfang seiner Regierungserklärung hatte Mitsotakis auf die düsteren Prognosen des OECD und IWF verwiesen und damit seine Schocktherapie für die griechische Wirtschaft begründet. Er warnte: „Griechenland steht kurz vor dem Bankrott. Opfer sind nötig und vermehrte Arbeit!“ Weitreichende Privatisierungen und starke Erhöhungen der indirekten Steuern sieht er als Ausweg aus der Krise.

Diese Methode findet jedoch wenig Beifall. Bis auf den Industriellenverband, den die geplante Förderung der Privatinitiative zufrieden stimmt, regt sich bereits Widerstand in- und außerhalb der Oppositionsparteien. Der griechische Gewerkschaftsverband GSEE rief seine Mitglieder zu „kämpferischer Wachsamkeit“ auf. Für ihn steht die geplante Wirtschaftspolitik konträr zu den Interessen der Arbeitnehmer. Im Parlament erklärten die PASOK, die Linkskoalition und die Grünen unisono, daß die Kosten der Sanierung der griechischen Wirtschaft einseitig den unteren und mittleren Einkommensschichten aufgebürdet würden. Ab nächste Woche gelten erhöhte Mehrwertsteuersätze, die Tarife aller öffentlichen Dienste - Post, Strom, Verkehrsmittel usw. - werden zwischen zehn und 50 Prozent erhöht. Auch das Rauchen, Autofahren und Trinken alkoholischer Getränke wird zwischen 15 und 20 Prozent teurer. In der Schlußbilanz kann 1990 ein großer Teil der griechischen Arbeitnehmer mit Reallohnverlusten rechnen.

Obwohl Ministerpräsident Mitsotakis im Parlament auf die Stimme des Abgeordneten der konservativen DiAna angewiesen ist, strich er zum Abschluß der Debatte über die Regierungserklärung heraus, daß er „nicht bereit sei, die Wirtschaftspolitik zu verfälschen. Lieber treten wir zurück.“ Sollte die Nea Demokratia jedoch keine Abstriche machen, könnte sie der Unterstützung des DiAna-Abgeordneten verlustig gehen: Der will nur die Maßnahmen absegnen, „die zu Lasten der Starken und nicht der wirtschaftlich Schwachen gehen.“