Neues Ausländergesetz in Bonn verabschiedet

■ Berliner Innensenator will den Vermittlungsausschuß anrufen /Grüne des Saales verwiesen/

Bonn (ap/taz) - Draußen lief die Opposition Sturm, drinnen wurde planmäßig durchgestimmt. Während im Bundesgebiet und West-Berlin Ausländergruppen protestierten, billigte am Donnerstag abend der Bundestag mit den Stimmen der CDU- und FDP-Fraktionen den Entwurf für ein neues Ausländergesetz.

Vorausgegangen war eine hitzige Debatte, in deren Verlauf die Abgeordneten der Grünen, German Meneses und Jutta Oesterle-Schwerin, des Saales verwiesen wurden. Sie hatten ein Transparent gegen das Gesetz entrollt.

Bundesinnenminister Schäuble erklärte in der Debatte, die Bundesbürger „können nicht allen, die auf dieser Erde in Hunger, Not und Elend leben, dadurch helfen, daß wir sie in unserer Bundesrepublik Deutschland aufnehmen“. Das Gesetz sei vom Geist der „Abschottung und Abwehr beherrscht“, konterte die SPD-Abgeordnete Cornelie Sonntag-Wolgast. German Meneses rief in seiner Rede zu einer Schweigeminute „für die künftigen Opfer dieses Gesetzes“ auf.

Der Berliner Innensenator Erich Pätzold (SPD) kündigte unterdessen an, Berlin werde bei der nächsten Sitzung des Innenausschusses im Bundesrat einen Antrag auf „hinreichende Beratungszeit“ stellen. Sollte dies ohne Erfolg bleiben, wolle man die Anrufung des Vermittlungsausschusses beantragen. Pätzold kritisierte ausdrücklich die Eile, mit der die Regierungskoalition „das Verfahren durchgepeitscht habe“. Der Innenausschuß soll noch einmal am 2. Mai tagen, bevor am 11. Mai das Plenum des Bundesrates entscheidet.

In Bielefeld trat eine Gruppe türkischer Studenten aus Protest in den Hungerstreik. In Berlin erklärten 29 ErziehungswissenschaftlerInnen der Technischen Universität öffentlich, den Ausländerbehörden in keinem Fall personenbezogene Informationen über AusländerInnen mitzuteilen, wie dies der Paragraph 76 des Gesetzentwurfs vorschreibt. Und während im Bundestag Innenminister Schäuble erklärte, das Gesetz liege „vor allem im Interesse der ausländischen Mitbürger selbst“, räumten diese in Berlin für einen Tag ihre Bankkonten leer - um deutlich zu machen, daß man sich auch anders als durch Demonstrationen zu wehren weiß. Die Aktion soll bei Bedarf ausgeweitet und wiederholt werden.

Andrea Böhme