Fußball - welch grausig Spiel

■ Werder mit unnachahmlicher Konstanz: Zum 3. Mal ein 0:0 gegen einen Abstiegskanidaten

„Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ So oder ähnlich, muß Werders finanzkäftigster Balltreter, Karl-Heinz Riedle nach dem Spiel gegen Bayer Uerdingen gedacht haben. Da war der Bald-Römer nach etwa 15 Sekunden Spielzeit alleine auf das Uerdinger Tor zugerannt, alleine Torwart Grüninger war eher am Ball. Es blieb in etwa die beste Chance der Bremer in den gesamten 90 Minuten und Riedle, der die ganze Zeit über spielte, als wechsele er für 150 Mark zum SV Mahndorf, durfte sich fortan bei jedem seiner unzähligen mißglückten Aktionen Spott von den Rängen anhören.

Doch es war nicht nur der kleine Kalle mit dem großen Sprungvermögen: Die gesamte Werder-Mannschaft spielte wieder mit einer Konstanz, die selbst in anderen Spielzeiten kaum erreicht wurde. Zum dritten Mal hintereinander ein 0:0 gegen einen Gegener, der mit dem Namen Werksmannschaft ausrei

chend charakterisiert ist. Nach Homburg und Bochum mußten sich diesmal die Uerdinger alle Mühe geben, nicht beide Punkte mit zurück an den Rhein zu nehmen. Nicht, daß die Bremer lauffaul und lustlos gekickt hätten. Es war noch schlimmer: Die Wer

der-Spieler liefen fleißig über den Platz, spielten den Ball ganz nett am Mittelkreis hin- und her, Möchtegern -Nationalspieler Günter Hermann gelangen gar ein paar feine Rückpässe zum eigenen Torwart. Allein: Daß es das Ziel eines Fußballspiels ist, das ein oder andere Tor im Gehäuse des Gegners unterzubringen, das scheint Otto Rehhagel den Seinen bereits seit mehreren Monaten nicht mehr erzählt zu haben. Im Gegenteil: Angesichts der Unfähigkeit seiner Mannschaft, Tore auf einigermaßen reguläre Art zu erzielen, kam Otto nach Spielende gar auf die Schnapsidee, künftig an 0:0 -Spiele eine Elfmeterschießen anzuhängen, damit die ZuschauerInnen überhaupt etwas zu sehen bekommen. Torschüsse bekamen die ZuschauerInnen diesmal auch nur einzig von Werders technischer Nulllösung Uli Borowka zu sehen. Der wagte das ein oder andere Mal aus der Ferne den Ball ungefähr in Richting Uerdinger Tor zu treten.

Etwa die Hälfte der 20.000 ZuschauerInnen war mit Freikarten ins Stadion gekommen. Und selbst die waren mit dem Spruch von dem Pferd, dem man unter gewissen Bedingungen nicht ins Maul zu schauen hat, hörbar nicht einverstanden. Während in den vergangenen Wochen noch der ein oder andere Sprechchor im Prinzip Hoffnung „Wir fahren

nach Berlin“ posaunte, spitzten die Münder am Samstag nur noch tausendfach zum Pfeiffkonzert.

Und in der Tat: An die letzte Chance Werders, im nächsten Jahr doch noch im internationalen Geschäft mitzumischen, an den Sieg im DFB-Pokal, glauben im Moment nur noch hartgesottene Optimisten. Denn während Werder sich seit Wochen nach Kräften bemüht, mit dem zusammenzuwachsen, was zusammengehört, nämlich dem Tabellenende, ist Gegner Kaiserslautern kräftig auf dem Weg nach oben. Seit Trainer Karl-Heinz Feldkampf wieder am Betzenberg ist, holten die Pfälzer 14:4 Punkte in Folge. Am kommenden Mittwoch kann Werder in Kaiserslautern schon mal üben, wie es sich gegen eine gute Bundesligamannschaft spielt.

P.S.: Werder-Leichtfuß Gunnar Sauer will jetzt doch in Bremen bleiben. Weil er keinen Verein fand, der ihn als Libero möchte, nimmt er jetzt in Bremen gar inkauf, künftig Manndecker spielen zu müssen. Seine durchaus merkwürdige Begründung für das Bleiben: „Hier sehe ich die besseren Perspektiven.“ Na denn.

Keine Perspektiven sieht alleine Kiwi Rufer. Die Bremer wollen den Geliehenen wenn, dann nur billig. Die Schweizer wollen ihn gar nicht mehr. Und den Italienern reicht offensichtlich Riedle.

Holger Bruns-Kösters