Shell: Blockade zum Geburtstag

■ Feier zum 100-jährigen mit 230 TeilnehmerInnen, davon 30 in Uniform

Eine Gratulationscour der besonderen Art Foto:Wolfram Steinberg

Zum einhundersten Geburtstag des Erdöl-Multis Shell bekam die Station am Osterdeich am vergangenen Samstag ein Ständchen der ganz besonderen Art. 200 BremerInnen hatten sich gegen Mittag unter den heißen Rhythmen einer Samba -Gruppe vor der Tankstelle eingefunden und blockierten für zwei Stunden den Samstagsbetrieb. Mit Transparenten und Flugblättern protestierten sie gegen die Südafrika-Geschäfte des Konzerns, durch die unter anderem täglich 800 Tonnen Öl an Polizei und Armee geliefert werden. Shell als größter ausländischer Investor im Kapstaat ünterstütze das Apartheid -Regime und trage deshalb die politische Verantwortung für eine weitere Stabilisierung der Rassenunterdrückung. Weiter kritisierten die DemonstrantInnen verschiedene gentechnische Forschungsprojekte, mit denen die Shell ihre Saatgut -Geschäfte erweitern will. Derzeit entwickele der Konzern pestizid-resistente Samenkörner, zu denen das chemisch passende Pflanzenschutzmittel angeboten werden soll.

Neben den 200 DemonstrantInnen wollten offenbar auch etwa 30 Polizisten zum Unternehmensgeburtstag gratulieren. Aus Angst, die DemonstrantInnen könnten ihnen zuvorkommen, bildeten sie eine Kette um das Tankstellenarreal und ließen niemanden auf das Gelände. Damit bei der Geburtstagsfeier niemand störte, sperrten weitere Uniformierte den Osterdeich für den Autoverkehr ab: Erst von der Stader Straße in Richtung Innenstadt, später dann auch von der Lüneburger Straße in die Gegenrichtung, so daß die Geburtstagsfeier im familiären Kreis ihren Fortgang nehmen konnte.

Die DemonstrantInnen hatten prächtige Geschenke für die Shell mitgebracht: Alte Autoreifen und Olfässer, die in gewohnter Zurückhaltung bereits im Zufahrtsbereich der Tankstelle abgelegt wurden, und sogar kleine Zuckertüten tauchten auf: Eine freundlich formulierte Anfrage bei der Polizei nach dem Tankschlüssel für den bereitstehenden Mannschaftswagen wurde leider abschlägig beschieden. Doch das tat dem überaus harmonischen Samstag nachmittag keinen Abbruch. Lediglich aus den Reihen der per Auto angereisten TeilnehmerInnen einer Freiluftveranstaltung im Weserstadion soll es nach Ohrenzeugenberichten zu mißgünstigen Formulierungen in Richtung der GratulantInnen gekommen sein.

Die Tanke am Osterdeich ist die einzige von den insgesamt 17 Bremer Shell-Tankstellen, die im Rahmen des bundesweit angelegten Boykott-Tages auf das einträgliche Samstag-Mittag -Geschäft verzichten mußte. Gelegenheit und Zeit genug für Pächter Josef Jonas, seinen eigenen Wagen unter die Waschwalzen zu schicken. Markus Daschne