NICHTS GETAN

■ Gerhard Merz in der Galerie Skulima

Es sind prinzipiell zwei Positionen möglich, diese Präsentation zu betrachten:

Wiederkennungseffekt. Aha! Konzept-Art. Glattgelackte Neo -Geo-Symmetrien. Malewitschs „Schwarzes Quadrat“ verspiegelt und in Edelstahlrahmen. Links ist rechts. Hinten ist vorn. Symmetrie und Spiegel reflektieren sich und sich im Nichts des Ich et cetera.

Gerhard Merz rechnet mit Interpreten. Sie müssen durchreflektiert genug sein, diesen Produkten den notwendigen Kunstrahmen zu verpassen. Ohne die Reflektion der geneigten Kritiker fallen diese reproduzierbaren Exponate in die Sparte „Design“ und sind ohne den zugeschriebenen Wert ohne Wert. Aber zweifellos fügen sich diese wie auch andere Produkte von Merz klar in jede gail gestailte Zaitgaiststube: gelackter Glanz und verkokste Leere, die in den späten 70ern unnachgiebig hip gewesen war und sich quer durch die 80er zur Folklore jeder wichtigen Profi-Galerie popularisieren konnte, nun aber in den 90ern wohl im Depot der Kunstkammern versenkt werden wird. Sie können in den Zentren angewandter Kunst schulbuchreif gelehrt werden. Da ist nichts mehr zu entdecken. Aber gewiß ist diese ästhetische Richtung vielfältig verwendbar in Cafes, Büroräumen, Banken und öffentlichen Räumen. Eine Sache für Innenarchitekten, Denkmalspfleger und Kunstlehrer, die ordentliche Verarbeitung, klare Formen und Projektionsflächen schätzen.

Kritische Aneignung und Veredelung. Es hat sich durchgesetzt, diese Kunstverfertigung mit sakralen Räumen in Beziehung zu setzen. Das ist gut gemeint und bringt die Popularität japanischer Ästhetik und italienischen Designs ins Spiel: ihre Kargheit, ihre reduktive Radikalität, ihre Materialakzentuierung. Aber das Sakrale ist nicht so einfach zu haben - genauer gesagt ist es überhaupt nicht zu haben, es sei denn für Zyniker, die ihre Restinstinkte oder kunst und architekturgeschichtlichen Reminiszenzen durch grünen Marmor und Schwarzgelacktes angekitzelt sehen. Sicher kann dieses Produkt mit dem Begriff Ironie verteidigt werden einem Vorstadium des Zynismus -, aber wo stünde dann der Ironiker, der ja immer so tut, als wüßte er's eigentlich besser? Er stünde im Schutz der Kunstgeschichte mit ihrer philosophischen Abteilung. Wer bei den Werken bleibt - nicht ausweicht -, der wird nur modernen Schwulst erkennen: als Härtetest.

Was hat mir Gerhard Merz getan? Vielleicht sind alle Arbeiten nur Vorstadien und Nebenarbeiten eines großen künftigen Werks. Vielleicht. Wer aber so auf eingeweihte Kritiker rechnet und von der Kritik erster Klasse prompt bedient, gepäppelt und mit philosophischen Weihen eingesegnet wird, der wird einen abklassifizierenden Mißklang in der ihm sonst so gewogen-harmonisierenden Kritik womöglich noch als Zustimmung auf Umwegen deuten. Es wird sich zeigen, welche Position trügt.

Peter Herbstreuth

Gerhard Merz in der Galerie Skulima, Niebuhrstr. 2, Di-Fr 14 -18, Sa 10-14 Uhr, noch bis 12. Mai