Was hammer gelacht!

(Queens Palace, So., 29.4., 22.40 Uhr, ARD) „Holst du mir jetzt ein Bier, oder soll ich dir Beine machen!?“ motzt der Feierabendtyrann vor dem Fernseher seine artig Topflappen strickende Frau an, nachdem er ihr mit der Kettensäge ein Bein abgesägt hatte. Kinoblut plätschert aus dem Beinstumpf. Beim kritischen Zuschauer regt sich blankes Entsetzen angesichts dieser geballten Ladung Geschmacklosigkeit aus Frankfurt. Freunde von Hackebeil- und Motorsägenepen hingegen ringen sich nur ein gequältes Lächeln ab, weil ihr geheiligtes Tötungsinstrument für eine derart profane, dem Zeitgeist hinterherhechelnde Unterhaltungsshow herhalten muß.

„Schlag auf Schlag und ohne Zwischenmoderation“, hieß es in der PR-Mitteilung des Hessischen Rundfunks zu ihrer neuen Comedy-Show Queens Palace, folgen Sketche, Gags, Musik und Variete, vermischt mit tagesaktuellem Kabarett. Letzteres beschränkte sich auf einschlägige Kohlwitze. Das mit dem „Schlag auf Schlag“ stimmte wohl, kamen die Gags in diesem Simulationsraum für alkohol-delirierende Gemütlichkeit, die als postmodernisierte Nachfolge des Blauen Bocks und Mainz wie es singt und lacht gelten kann, bisweilen brachial wie mit dem Preßlufthammer. Wenn nichts mehr geht, kommt immer noch die Überdosis. Was hammer gelacht!

Beim Schnitt auf die andere Kamera laufen aufgeschreckte Kabelhelfer aus dem Bild. Dann erzählt einer an der Currywurst-Theke einen richtigen Scheißwitz und rüttelt wie blöde an der Fernsehkamera. Manchmal wähnt man sich nicht mehr im Studio, sondern in einem Bierzelt in Oberbayern. Oder in einem tief unter der Erde gelegenen Atombunker, in dem die letzten Überlebenden einer nuklearen Katastrophe nach Kräften bei Laune gehalten werden. Da ist es egal, ob man über die die Schmerzgrenze neu definierenden Gags noch lacht oder einfach vor den Bildschirm kotzt. Es geht nur noch darum, daß etwas pasiert, irgendwas. Freunde des subtilen Humors gingen jedenfalls leer aus.

Dabei gab es zwischen den derben, allzu demonstrativ gepflegten Ausrutschern und abseitigen Kalauern, z.B.: „Warum gibt es in Äthiopien kein Raider?“ - „Weil es da den kleinen Hunger von Zwischendurch nicht gibt“ - durchaus sehenswerte Darbietungen, wie die der köstlichen Pantomimen aus Belgien „Les Funambules“, die heute Abend, 21.00 Uhr in Frisch gestrichen, Hessen 3, noch einmal zu sehen sein werden. Insgesamt jedoch kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, als würde hier auf ein geistiges Niveau nachgerüstet, auf dem ein (Fernseh-)Säufer mit Namen Karl Dall bei RTL betrunkenerweise seine Showgäste anpöbelt wie vor einer Trinkhalle.

Manfred Riepe