In Sachen GAL sprechen jetzt die Advokaten

■ Wurde bei der Hamburger GAL mit „nachgebesserten“ Arbeitsverträgen gemogelt? / Gerichtliches Nachspiel vor dem Arbeitsgericht

Hamburg (taz) - In einem Punkt sind sich alle einig: Es sei echt doof, daß mensch sich nur noch juristisch auseinandersetze, politisch-inhaltlich kaum noch. Damit endet der Konsens - der Rest ist Zwist. Bei den Hamburger Grün-Alternativen und ihren Abspaltungen haben jetzt die Advokaten das Wort. Der bislang letzte Akt des Trauerspiels ist die vermeintliche „Schmutzkampagne“ der GAL gegen sechs Bürgerschaftsabgeordnete, die Ende März die GAL-Fraktion verließen und eine autonome „Frauen-Fraktion“ gründeten. Sie sollen für arbeitsrechtliche Ansprüche ihrer ehemaligen MitarbeiterInnen „persönlich haften“, sprich Lohnfortzahlungen und Abfindungen aus eigener Tasche bezahlen. Die Gesamtsumme: weit über 100.000 D-Mark.

So steht es in den Arbeitsgerichtsklagen, die elf der dreizehn ehemaligen ReferentInnen „mit voller Unterstützung der GAL“, so Pressesprecherin Susanne Commerell, Mitte der Woche einreichten. Für Conny Jürgens, Geschäftsführerin der Frauen-Fraktion, ist das der Versuch, die sechs Dissidentinnen „über materielle Erpreßbarkeit zur Mandatsrückgabe zu zwingen oder persönlich finanziell fertigzumachen“. Denn der Verdacht schwebt im Raum, daß die fraglichen Arbeitsverträge „nachträglich“ und ohne Wissen der Abgeordneten zu deren Ungunsten geändert wurden.

Möglich wäre das durch eine Generalvollmacht, die alle ehemaligen GAL-Bürgerschaftsabgeordneten unterschrieben haben. Damit hatten sie der GAL-Fraktionsgeschäftsführung erlaubt, Arbeits- und Mietverträge in ihrem Namen abzuschließen. „Das war schon immer so Usus“, kommentiert die Vorsitzende der Frauen-Fraktion Margret Hauch: „Solange wir uns vertragen haben, war das nie ein Problem.“ Jetzt ist es eins - vor allem, weil den Verträgen Anhänge beigefügt sind, die den MitarbeiterInnen Abfindungszahlungen in Höhe von drei Monatsgehältern zusichern, falls die GAL-Fraktion sich auflöse und sie damit arbeitslos würden. Dieser Passus, so die Ansicht der Frauen-Fraktion, sei klammheimlich eingetragen und zurückdatiert worden, als im März der bevorstehende Fraktionssplit abzusehen war. Ein Verdacht, der sich durch die Tatsache erhärtet, daß diese Klausel in den Verträgen der beiden Mitarbeiterinnen fehlt, die der Frauen-Fraktion die Treue gehalten haben.

GAL-Sprecherin Susanne Commerell hält dagegen, daß die Abfindungsregelungen Anfang vorigen Jahres aufgrund eines entsprechenden Beschlusses der GAL-Mitgliederversammlung den Arbeitsverträgen angehängt wurde. Ohne die Abgeordneten gesondert zu informieren, denn „jedes GAL-Mitglied hätte das wissen können, wenn es die Beschlüsse der Parteibasis zur Kenntnis genommen hätte“. Der Verdacht der „Nachbesserung“ sei absurd. Die Frauen-Fraktion habe für diese arbeitsrechtlichen Ansprüche einzustehen. Der Anwalt der Frauen-Fraktion, Feldmann, hält das für lächerlich: „Die Rosinentheorie der GAL ist unzulässig.“ Die Partei hatte sich Ende März selbst die „Rechtsnachfolge der GAL-Fraktion“ vorbehalten und von den sechs Dissidentinnen die Herausgabe sämtlicher Akten verlangt. Als diese sich mit Hinweis auf die Vertraulichkeit parlamentarischer Unterlagen weigerten, hatte der Landesvorstand in einer Blitzaktion die Büros der Abgeordneten ausgeräumt. Der Aktenkrieg wurde zwar vorige Woche außergerichtlich und „gütlich“ beigelegt, aber, so Feldmann: „Wenn die GAL auf angebliche Rechte pocht, kann sie die Verpflichtungen, die von der GAL-Fraktion eingegangen wurden, nicht auf andere abschieben.“ Das letzte Wort in diesem Zwist hat nun demnächst das Hamburger Arbeitsgericht.

S.M. Veit