SPD-Stadt braucht „Anti-Filz-Beauftragten“

■ Grüne und FDP: „System blinder Loyalität und Kumpanei“ / Sondervoten zum St.-Jürgen-Skandal vorgestellt

Carola Schumann, grüne Bürgerschaftsabgeordnete, und Heinrich Welke, ihr Kollege von der FDP, waren sich gestern einig:

Am Skandal um das Zentralkrankenhaus St.-Jürgen-Straße hat weniger der korrupte Ex-Verwaltungsdirektor Aribert Galla

schuld, als die „Bremer Verhältnisse“. Mit diesem dezenten Ausdruck faßten die OppositionspolitikerInnen die Folge -Erscheinun

gen der 40jährigen SPD-Herr schaft in Bremen zusammen: „Filz, blinde Loyalität und Kumpanei, Duckmäusertum, Parteibuchkarrieren“. Da die beiden Oppossitionsabgeordneten diese zentralen Kategorien im SPD/CDU-Abschlußbericht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses „St.-Jürgen-Straße“ vermißten, analysierten sie die korruptionsfördernden „Bremer Verhältnisse“ in zwei Sondervoten, die sie gestern der Öffentlichkeit vorstellten. Die Grüne Carola Schumann nannte den Mehrheitsbericht „lückenhaft“. Parteipolitische Verflechtungen (siehe Diagramm oben links auf dieser Seite) seien ausgeblendet.

Der FDP-Abgeordnete Heinrich Welke zählte die „Merkwürdigkeiten“ in Gallas „Parteibuchkarriere“ auf. Waren doch unter den Bewerbern um den Posten des Klinik-Direktors nur diejenigen in die engere Auswahl gekommen, die sich in der sozialdemokratischen Landesarbeitsgemeinschaft Gesundheit betätigt hatten. Zudem seien Gallas Bewerbungsunterlagen „nachträglich ge

schönt“ worden. Vor diesem filzokratischen Hintergrund sei es falsch, Gallas Berufung als „personellen Fehlgriff“ abzutun. Auch dort, wo es im Mehrheitsbericht um die Umstände von Gallas Entlassung gehe, werde zurückhaltend formuliert: Dabei handele es sich doch bei der Versetzung des korrupten Galla in den wohldotierten Ruhestand um eine eindeutig „rechtswidrige“ Handlung.

Die OppostionsvertreterInnen, keine Frage, wollen die „Bremer Verhältnisse“ ändern. Die Grünen zum Beispiel denken an einen Gesetzentwurf gegen die „Ämterpatronage“. Dadurch soll bei Einstellungen „mehr Transparenz“ erreicht werden, abgelehnte BewerberInnen bekämen ein eigenes Klagerecht. Außerdem schlagen die Grünen vor, einen unabhängigen „Anti -Filz-Beauftragten“ tätig werden zu lassen, um zu verhindern, daß sachdienliche Hinweise von Betroffen über die sozialdemokratische Mißwirtschaft weiterhin in behördlichen Sackgassen enden.

B.D.