München schlägt auf

■ „Bavarian Open“: Vom Provinzturnier zum Top-Ereignis

München (taz) - Bis vor drei Jahren waren die „Internationalen Bayerischen Tennismeisterschaften“ ein besseres Provinzturnier. Nur wenige Münchner fanden den Weg zur Iphitos-Anlage am nördlichen Zipfel des englischen Gartens. Geboten wurde zweitklassiges Tennis. Heute zur 75. Auflage geben sich in der bayerischen Metropole Weltklassespieler en gros ein Stelldichein. Mit Edberg, Krickstein, Chang, Courier, Steeb, Muster, Skoff und nicht zuletzt Yannick Noah als exotische Dreingabe sind die nunmehr „BMW-Open“ zu einer erstklassigen Veranstaltung geworden. „Ausverkauft“ hieß es am zweiten Turniertag bereits um elf Uhr morgens.

Die Wende kam 1988. Helmut Lanz, im Hauptberuf Leiter einer Schwabinger Bankfiliale und Anfang der siebziger Jahre ein passabler Tennisspieler bei Rot-Weiß Berlin, wurde neuer Turnierdirektor, und mit ihm kam auch ein neues Finanzierungskonzept. Geldbeschaffung war von nun an die oberste Maxime, und Lanz bastelte einen Sponsorenpool zusammen. BMW konnte als „Titelsponsor“ für vier Jahre gewonnen werden, sechs Firmen fungieren mit jeweils 90.000 DM Einlage als Hauptsponsoren und weitere zwölf Münchner Firmen sind mit 25.000 DM als Nebensponsoren klassifiziert. Bei Zuschauereinnahmen von knapp einer Million DM - den Rekord von 1989 mit 39.000 Besuchern will man wieder überbieten - und einem Gesamtetat von zwei Millionen DM scheint sich der bayerische Autokonzern mit etwa 200.000 DM sowie einem großzügigem Fahrservice zu engagieren.

Weder die BMW-Summe noch die 800.000 DM des exklusiv berichtenden Privatsenders „Pro 7“, der damit den bayerischen Rundfunk ausbootete, möchte der vertragsgemäß zum Schweigen verpflichtete Helmut Lanz bestätigen. „Entscheidend ist, daß das Sponsorenkonzept 'München schlägt auf‘ erfolgreich ist und wir dadurch in der Lage sind, die allerbesten Spieler zu bekommen“, so der 41jährige Turnierdirektor, der „seine ganze Freizeit für dieses Ehrenamt“ hergibt.

Bei nur 250.000 DM Preisgeld scheint es verwunderlich, daß München so vorzüglich besetzt ist. „Das Preisgeld entscheidet nicht allein über die Turnierbesetzung. Ich versuche die Stars über die führenden Spieleragenturen zu bekommen“, erläutert Helmut Lanz seine Strategie, die „natürlich eine Menge Geld kostet“.

Die Agenturen Advantage, IMG/McCormack und vor allem ProServ haben nahezu alle der besten hundert Spieler der ATP -Weltrangliste unter Vertrag, wobei ProServ momentan die meisten Top-Spieler wie Edberg, McEnroe, Noah oder Chang vermittelt. Helmut Lanz erhält von der Agentur für jeden zugesagten Spieler eine Rechnung über ein „Beratungshonorar“. Bis zum letzten Jahr wurden Antrittsgelder an die Stars von den Veranstaltern unter dem Tisch gezahlt. Seit die Spielergewerkschaft ATP den Grand Prix veranstaltet, läuft es geregelter. „Wir zahlen an die Agentur. Was der Spieler dann von dieser bekommt, hängt von seinem Vertrag ab“, schildert Helmut Lanz das neue Verfahren. Überzogene Forderungen von Spitzenspielern kämen jetzt seltener vor.

Lanz kann die Attraktionen für das Publikum nur verpflichten, gewinnen kann er für sie nicht. Wenn zwei seiner kostspielig erworbenen Großen wie Paris-Sieger Michael Chang und Yannick Noah, dazu Sampras, Skoff und Vorjahrssieger Perez-Roldan bereits in der ersten Runde ausscheiden, ist dies Veranstalterpech.

Insbesondere Noah kam nach seiner Erstrundenniederlage in Monte Carlo anscheinend völlig unvorbereitet, sprich untrainiert, nach München, bewegte sich wie Falschgeld auf dem Platz und verlor in zwei Sätzen gegen Jens Wöhrmann. „Das war ein absolutes Unding“, ärgert sich Helmut Lanz, der sich sehr gut daran erinnert, was er allein für Noah an Zeit und Geld geopfert hatte.

Karl-Wilhelm Götte

München, 1. Runde: Steeb (Stuttgart) - Gunnarsson (Schweden) 6:2, 6:4; Muster (Österreich) - Perez-Roldan (Argentinien) 6:4, 6:4; Edberg (Schweden) - van Rendsburg (Südafrika) 6:1, 6:0; Wöhrmann (Hagen) - Noah (Frankreich) 6:2, 6:4; Curren (USA) - Lozano (Mexiko) 6:3, 4:6, 6:4; Korda (CSFR) - Chang (USA) 6:7, 7:5, 7:6.

Frauen in Hamburg, 1. Runde: Probst - Strandlund 6:1, 6:2; Demongeot - Kochta 6:3, 7:5; Meschki - Fulco 6:2, 2:0 (Aufgabe Fulco); Paz - Temesvari 6:2, 6:2; Cueto - Jaggard 6:0, 6:2; Provis - Halard 6:4, 7:6; Caverzasio - Goles 7:5, 6:1; McQuillan - Tarabini 6:7, 6:0, 7:6; Morton - Düll 6:4, 6:1; Tanvier - Sawtschenko 6:0, 2:6, 6:4.

2. Runde: Graf (Brühl) - Lapi (Italien) 6:1, 6:2.; Wiesner (Österreich) - Frankl (Heidelberg) 6:1, 6:0; Gildemeister (Peru) - Kanellopoulou (Griechenland) 7:5, 6:4; Tauziat (Frankreich) - Martin (USA) 4:6, 6:3, 6:3