Fast Food aus Teufels Küche

■ Theater hingemeuchelt / Holländische Truppe „Alex d'Electrique“ leichenschmaust

Wenn es am Anfang ganz gewöhnlich dunkel ist, aber schon Brause-Musike, größenwahnhafte, den Saal flutet, wenn dann Scheinwerfer durchs Dunkel fliegen und auf uns zu, hu!, und wenn unsere Augen gleich besoffen sind vom Anblick der hexentan

zenden Lichtkegel, ja dann? Sind wir hopp und sogleich, da können wir nicht anders, im Film, man könnte auch sagen: on line.

So einfach geht das. Schwieriger ist es, das Einfache zu machen, dabei zu zeigen, wie es gemacht wird, und es im selben Arbeitsgang kaputtzuhauen. Das ist das Punk-Prinzip.

In echt sitzen wir im „Theater im Schnoor“, aber das sagt nichts, weil uns „Alex d'Electrique“ fortwährend in die Zweite Wirklichkeit scheucht, in die medial erzeugte, wo wir uns angeschlossen finden an Thrills, an Impulse, und wo wir, rein affekttechnisch, zunächst einmal so ziemlich ausgesorgt haben.

Drei Mannsbilder auf der Bühne, zwei dahinter; nennen sich „Alex d'Electrique“ und ihr Programm „Electric Suburb“ - und beides aus purer Bosheit. Wir werden sehen, warum. Es gibt eine Art Handlung, die ist ganz wirr und warr: einem Mord kommt, kaum hat er staatgefunden, die Leiche abhanden; da klafft also ein Loch in der Geschichte, die noch gar keine ist, und einer versucht jedenfalls, es zu stopfen, der Erzähler, ein platschfüßiger Kerl mit einem Maul wie ein Megaphon. Der greift sich zwei Hallodris, die

Leich‘ herbeizuschaffen, so oder so; natürlich tritt von allem unverzüglich das Gegenteil ein.

Da verwurschtelt sich auf der Bühne die Erzähler-Geschichte mit den Bühnentatsachen und die Bühne überhaupt mit dem Film und wir uns sowieso mit allem. Da sitzen wir und glucksen wonnig, vor Freude über unser gutes Recht an Fällen und Auflösungen, dem die Alexe, sich überschlagend, Genüge tun; auch ein wenig vor Angst und Grusel glucksen wir, denn sie tun recht gewalttätig Genüge.

Blutfarbe spritzt meterweit und rieselt in Bächlein hernieder an Stellwänden, welche, mit metropolitanen Senkrechten bepinselt, für die Stadt an sich herhalten. Schwere Bohrmaschinen lassen auf Stäben Teller kreiseln, es hagelt Kartoffelsalat. Ein Benzinrasenmäher brüllt, einer greift ihn und schleudert ihn umher, es lärmt, es stinkt nach Abgas und Amok, und dem Erzähler steht der Schuh in hellen Flammen.

Das hat, wie gesagt, die zwingende Gewalt des Films, des ausgekochten B-Movies, und so ist es auch konstruiert, das Stück, nur schroffer. Immer wird es gleich in Stücke fliegen. Beinharte Schnitte, Rückblenden, klobig zi

tierte Gesten, tosende Musik, schreiende Rabauken - das sind Splitter, Trümmer, von einer notdürftigen Crash-Ästhetik gerade noch abgestoppte Angriffe. Worauf? Manches ist kreischeplatt, aber wir lachen schon, weil wir müssen.

Einmal sehen wir, wunderbar wirklich, eines der Letzten Dinge des Films, die Auto-Verfolgungsjagd, gezaubert vermittels zweier linker Autotüren. Und gleich darauf scheint, sakra, der Raum gekippt, wir sehen zweie am Tisch, von oben. Und alles zerfällt und wird zerhauen, Zeit und Raum purzeln ineinander, es ist keine Einheit mehr hienieden. Was beherrscht scheint und unterworfen, ist doch ein Dickicht, ein suburbanes, in dem Gewalt nistet, in dem Putschisten hausen.

Solche sind die Alexe. Sehr elektrische Theaterpunks. Wir dürfen uns kurzschließen und, im Falle wir müde sind, aufladen, daß es wieder geht. Das aber ist unser Problem. scha

Die Gruppe „Alex d'Electrique“ zeigt ihr Krimi-Kabarett „The Electric Suburb“ bis zum 8. Mai täglich um 20 Uhr im „Theater im Schnoor„