Dresdens müder Wahlkampf

Sehr ähnliche Aussagen zu allen konkreten Fragen  ■  Aus Dresden Detlef Krell

Bereits Tage vor den Kommunalwahlen konnten sich die Dresdner in der Kreuzkirche am Altmarkt mit den drei Anwärtern auf das Amt des Oberbürgermeisters bekanntmachen. Superintendent Christof Ziemer und Pfarrer Dr. Michael Müller hatten kurzentschlossen zu einem Wahlpodium in das Gotteshaus eingeladen. Vertreter von neun Parteien und Listenvereinigungen nahmen vor dem Altar Platz. Im Kirchenschiff drängten sich vorwiegend die Senioren der Stadt. Gerade sie wie auch die Ausländer und Menschen mit Behinderungen mußten bei den Wahlstatements den Eindruck gewinnen, daß es ganz egal sei, wem sie am 6. Mai ihre drei Kreuze geben. Alle wollten nur das Beste. Zu zivilem Ungehorsam ermunterte Musikwissenschaftler Peter Zacher vom Bündnis 90. Erst jüngst konnte ein Ratsbeschluß gekippt werden, der Ausländern den Zuzug zur Stadt verwehren sollte. Des Lobes voll von der CDU zeigte sich OB-Anwärter Dr. Herbert Wagner. Seine Partei verfüge über klare Aussagen zu allen wesentlichen Bereichen des Lebens. DSU-Kandidat Rudolf Rösch holte alle Hoffnungen aus dem D-Mark-Land. Konkrete kommunale Wahlversprechen hielt er für Demagogie.

DDR-Novum ist die Gruppe der Zwanzig, eine Wählervereinigung parteiloser Bürger. Entstanden im Oktober auf der Straße, haben sie seitdem über paritätisch besetzte Arbeitsgruppen beim Rat Einfluß auf die Stadtgeschicke. Klaus-Dieter Scholl würde sich als Oberbürgermeister für Dresden-Identität und behutsame Stadterneuerung einsetzen. Für den SPD-Spitzenkandidaten Dr. Roland Medeleff sind sind die Bürgerinititativen das Gewissen der Stadt. Je konkreter kommunale Fragen zur Sprache kamen, desto ähnlicher die Aussagen der Kandidaten. Das Dresdner Zentrum soll nicht mit Büroriesen gespickt werden, über Altmarktbebauung und anderes sollen die Bürger befinden. Grüne Inseln müssen her, gar eine Öko-Stadt.