Gegen weitere „Verscherfung“

■ Demonstration gegen neue Prüfungsordnung an Fachoberschulen

150 Bremer FachoberschülerInnen demonstrierten gestern gegen neue Prüfungsbedingungenvor dem Amtssitz von Bildungssenator Henning Scherf, der sie per Anordnung von der neuen „Verscherfung“ der Prüfungsanforderungen erlösen sollte. Die Gelegenheit schien günstig: Zur Demostunde tagte gerade die Bildungsdeputation. Einen symbolischen sauren Apfel hatten die Kids dem Senator mitgebracht, damit der nachfühlen könnte, in welcher Situation die SchülerInnen zwei Wochen vor Prüfungsbeginn stecken. Die FOS-SchülerInnen müssen ein Prüfungsfach mehr büffeln als vorher, fallen bei zwei mangelhaften Leistungen trotz Ausgleich durch die Prüfung und müssen ein Rechtschreibniveau an den Tag legen, das über den Anforderungen in der gymnasialen Oberstufe liegt: Danach ist eine Deutscharbeit dann mit mangelhaft zu bewerten, wenn eine SchülerIn in einhundert Worte vier Fehler und mehr einarbeitet. In der gymnasialen Oberstufe werden solche Rechtschreibschwächen mit maximal zwei Punkten Abzug bestraft. Senator und Deputierte staunten nicht schlecht, nachdem Schülervertreter Marco Heißeüel denKritik-Katalog vorgetragen hatte. Schulrat Ekkehard Böhnecke legte dann bis ins Detail die Geschichte der Prüfungsreform offen: Die Prüfungen hätten bereits Mitte der Siebziger Jahre geändert werden müssen, die SchülerInnen hätten sich lediglich an das schwache Niveau eines Provisoriums gewöhnt. Jetzt endlich habe man den Standard, den die Kultusministerkonferenz für diese Prüfungen anlegte. Bremen könne sich nicht leisten, unter Bundesniveau zu liegen. „Machen Sie sich keine Sorgen“, riet Böhnecke den Schülerinnen, „so

wie Sie in unserem Land qualifiziert werden, schaffen Sie das locker.“

Doch der Schulrat redete an der Realität vorbei. Gerade im allgemeinen Bereich, zu dem an den FOS neben Englisch und Mathe auch Deutsch gehört, fallen drei bis vier Stunden pro Monat aus. Lange Erklärungen gaben die Behördenbürokraten ab, bis schließlich Landesschulrat Mews freiwillig zum sauren Apfel griffund

ihn mit Genuß verspeiste: Schließlich hielten die SchülerInnen die Deputierten von ihrer wohlverdienten Mittagspause ab.

Henning Scherf schließlich mochte mit einer schnellen Entscheidung gegen die neue Prüfung „nicht den ganzen Laden chaotisieren“. In den sauren Apfel beißen deshalb jetzt die SchülerInnen, wenn sie in vierzehn Tagen ihre ersten Prüfungsarbeiten schreiben. ma