Italiens Kommunalwahlkampf

Bereits neun Kandidaten ermordet / Schlagabtausch zwischen Rassismus und Pfründenaufteilung Medien stellen sich gegen die Grünen / Profilierung der etablierten Parteien nach rechts  ■  Aus Rimini Werner Raith

„Wenigstens das ist uns hier erspart geblieben“, tröstet sich Ariano Mantuano, Architekt aus Rimini und Kandidat für das Regionalparlament in der Emilia Romagna, als er am Donnerstag vom mittlerweile neunten Mord an einem Listenplatzinhaber erfährt. Alle Opfer gab es im italienischen Süden, die meisten in der Campania um Neapel, und sie kamen aus der verschiedensten Parteien. Die Polizei vermutet bei den Morden allerdings weniger politische, als handgreiflich geschäftliche Interessen - Rache für weggeschnappte Aufträge und nichtbezahlte Preßgelder. Dennoch: Der Süden hat sich, zumindest in den Augen der in der Lombardei, dem Veneto, der Toskana und der Emilia Romagna erstarkenden regional-chauvinistischen, „Ligen“ genannten Initiativen wieder einmal als Krisenregion erwiesen und Wasser auf die Mühlen von Rassisten gebracht.

Inneritalienischer Rassismus und die Immigrantenfrage waren denn auch die beherrschenden Themen dieser Gemeinderats- und Regionalwahlen. „Dabei hätte es zum ersten Mal seit dem Krieg ein wirklich an lokalen und regionalen Fragen ausgerichteter Wahlkampf werden können“, schimpft Mantuano. „Zum erstenmal gibt es kaum umstrittene außen- und sicherheitspolitische Themen, die sonst oft lokale Wahlen verfälschen, und so hätte man sich einmal so recht den drängenden Fragen der heruntergekommenen Gemeinden, der Wassernot, der Bauspekulation widmen können.“ Doch „stattdessen suchen sich alle nach rechts zu profilieren“, flucht Loretta Papperini aus Cesenatico, auch sie auf der Regionalliste der Grünen: „Der christdemokratische Parteichef Forlani ist sich nicht zu blöde, die Todesstrafe für Kidnapper zu fordern, um Rechtsradikale anzusprechen.“ Doch das schlimmste daran ist für Paperini: „Die Medien ziehen mit, lassen sich von den großen Parteichefs die Themen diktieren, und hüten sich, auch nur das Geringste zu schreiben, was wirkliche Probleme in den Vordergrund rückt.“ Eine Klage, die nicht nur aus der Emilia Romagna kommt - in Palermo und in Brescia, in Neapel und in Rom jammern Grüne und andere kleinere Parteien darüber, daß die meisten Zeitungen selbst spektakuläre Aktionen totschweigen.

Ganz ohne Hoffnung sind die Grünen dennoch nicht: Schon einmal, in den ersten Jahren ihres Bestehens, hatten sich die Medien ganz in den Dienst der etablierten Parteien gestellt und die Grünen durch Schweigen zu blockieren gesucht. Doch sie erreichten trotzdem landesweit an die 4 Prozent - obwohl sie nur in einem Drittel aller Gemeinden angetreten waren.