Alte Feuerwache wird geräumt

■ 20 jugendliche Bewohner müssen einem Neubau für eine Begegnungsstätte für Jugendliche weichen / Bisher kein Ersatzwohnraum / Pfadfinderbund drängt wegen Kosten auf Baubeginn

Das jahrelange Tauziehen um die Alte Feuerwache in der Lindenstraße 40/41 findet ein trauriges Ende. Heute früh soll zwangsgeräumt werden. Etwa 20 BesetzerInnen und ZwischenmieterInnen, darunter zwei schwangere Frauen, sitzen dann auf der Straße.

Seit 1983 planen der Bund Deutscher Pfadfinder (BDP) und das Bezirksamt Kreuzberg in dem Gebäude die Errichtung einer „Kiezbegegnungsstätte“ für die südliche Friedrichstadt. Neben einem Jugend- und Kulturzentrum sollen ein Cafe, eine Tagungsstätte mit Übernachtungsmöglichkeiten und Wohnraum für Jugendliche geschaffen werden. Mit den Vormietern wurden Mietverträge bis 1992 abgeschlossen. Zum Wintersemester vermieteten die Pfadfinder wegen der Wohnungsnot einen Teil der Räume an ZwischennutzerInnen bis zum April 1989. Nach einem Jahr Prozeß wird nun geräumt.

Für die ZwischennutzerInnen sind die Versprechen des Bezirksamts, niemand würde obdachlos, bloßes Gerede, denn Ersatzwohnungen gebe es nicht. Es sei unbegreiflich, sagt Karin Schwarze, daß man „dieselbe Klientel von sozial Schwachen, die man hier drin haben will, jetzt erst mal rausschmeißt“. Die Gespräche mit den Bauherren sind für sie „Pseudo-Verhandlungen“.

Helmut Borchardt, Jugendstadtrat in Kreuzberg, meint dagegen, man habe sich sehr bemüht, eine Lösung zu finden. Es werde „nicht leichten Herzens geräumt“. „Die Leute haben sich nicht an die Absprachen gehalten. Und in der Friedrichstadt mit einem Zuzug von 6.000 Menschen haben Infrastrukturmaßnahmen jetzt Vorrang.“ Durch diese Aktion flamme allerdings die Diskussion wieder auf, ob sich die Bezirke überhaupt auf Zwischennutzunsverträge einlassen sollten, meinte Borchardt.

Für Timm Lehmann vom BDP ist jetzt die letzte Gelegenheit, die Begegnungsstätte zu bauen, ehe die Preise explodieren: „Wenn wir jetzt nicht bauen, wird das Gelände zum Spekulationsobjekt.“ Noch würde man versuchen, selbst Ersatzwohnungen zu besorgen, denn während der Bauarbeiten könne das Gelände nicht bewohnt bleiben. Die Noch -BewohnerInnen sind enttäuscht und wütend. Da die „Stadt sowieso dicht ist“ und sie in Berlin bleiben wollen, müssen sie bei Bekannten unterkommen - „oder wir schlafen im Park“.

Bernhard Pötter