De Klerk in Europa auf Goodwilltour

Der südafrikanische Staatspräsident will den Ausgang der ersten Gespräche zwischen seiner Regierung und dem ANC auch in Bonn nutzen, um den Investitionsstopp zu durchbrechen / Auch der ANC zeigt sich mit ersten Ergebnissen zufrieden / Amnestiegesetz für heute erwartet  ■  Aus Kapstadt Hans Brandt

Südafrikas Präsident Frederik de Klerk hofft, den Erfolg der ersten Gespräche zwischen der Regierung und dem „Afrikanischen National Congress“ (ANC) zu nutzen, um auf seiner diese Woche beginnenden Europareise Regierungen und Geschäftsleute davon zu überzeugen, daß er es mit der Abschaffung der Apartheid ernst meint und Sanktionen daher überflüssig sind. De Klerk wird in den nächsten drei Wochen in der Bundesrepublik, der Schweiz, Großbritannien, Frankreich, Belgien, Griechenland, Italien, Spanien und Portugal empfangen. Eine Abschwächung von Sanktionen, die sich die weiße Regierung wie auch die Industrie des Apartheidstaates wünscht, unterstützt der ANC allerdings nicht, obwohl ANC-Vizepräsident Nelson Mandela am Freitag betonte, daß auch eine Intensivierung des Druckes nicht vorauszusehen sei.

Die positive Atmosphäre wurde am Wochenende von de Klerks Vorgänger Pieter Botha leicht getrübt, der seine Mitgliedschaft in der regierenden Nationalen Partei (NP) aufgab. Botha warf der NP vor, den „Weg der allmählichen Selbstentmachtung“ eingeschlagen zu haben. Der ANC werde nach wie vor von der südafrikanischen kommunistischen Partei (SACP) beherrscht, deren Führer Gewalttäter seien. Schon vor einiger Zeit wurde berichtet, daß Botha erste Kontakte mit der ultrarechten „Konservativen Partei“ aufgenommen hatte. De Klerk meinte am Samstag, die NP sei nach wie vor stark antikommunistisch. Doch nach den Gesprächen letzte Woche ist er wohl eher bereit, mit Kommunisten zu verhandeln. Sogar mit Joe Slovo, dem SACP-Generalsekretär, konnte die Regierungsdelegation fast gemütlich zusammensitzen. Dieses bessere Verständnis füreinander, das von beiden Seiten betont wurde, ist wohl das wichtigste Ergebnis der Gespräche.

Es wird spekuliert, daß sich hinter dem allgemeinen Bekenntnis zu einem „friedlichen Prozeß der Verhandlungen“, mit dem die gemeinsame Erklärung der Regierung und des ANC vom Freitag abend beginnt, eine mögliche Suspendierung des bewaffneten Kampfes durch den ANC und eine teilweise Aufhebung des seit dem 12.6.1986 geltenden, und jährlich erneuerten Ausnahmezustandes verbirgt. Die ANC-Exekutive muß über eine Suspendierung entscheiden, möglicherweise für anfänglich drei Monate. ANC-Vizepräsident Nelson Mandela betonte auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit de Klerk am Freitag, daß die Organisation die Frage des bewaffneten Kampfes „allen Ernstes neu überlegen“ werde.

Vermutlich wird der Ausnahmezustand allerdings in der Krisen-Provinz Natal weiter gelten. Dort haben schwere Kämpfe zwischen ANC-Sympathisanten und Mitgliedern der konservativen Zulu-Organisation Inkatha in den letzten drei Jahren mehr als 3.000 Opfer gefordert. Zulu-Führer Mangosuthu Buthelezi begrüßte die Entschlossenheit von ANC und Regierung, gegen Gewalt im ganzen Land vorzugehen - und verurteilte ANC-Führer, die ihn diese Woche kritisiert hatten.

Erstes konkretes Ergebnis der Gespräche soll am heutigen Montag die Verabschiedung eines Amnestiegesetzes im Parlament in Kapstadt sein. Diese wurde nach den Gesprächen dringend vorgezogen, um sobald als möglich Mitgliedern der ANC-Exekutive eine vorübergehende Straffreiheit zu gewähren. ANC-Anhänger, die nur aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der Organisation oder wegen des illegalen Verlassens des Landes verfolgt werden können, sollen auch bald Straffreiheit haben. Mit der Definition einer allgemeineren Amnestie wird sich eine gemeinsame Arbeitsgruppe von ANC und Regierung befassen, die bis zum 21. Mai ihre Arbeit abschließen soll.

Südafrikanische Diplomaten hoffen, daß de Klerks Europareise die diplomatische Isolierung des Apartheidstaates endlich aufbrechen wird. Zweifellos ist de Klerks Glaubwürdigkeit nach diesen Gesprächen gestiegen. Sogar Mandela hatte am Freitag gesagt: „Ich habe nicht den geringsten Zweifel, daß der Präsident meint, was er sagt.“