Nadelstiche aus den Kitas

■ Am Freitag werden noch einmal 75 Prozent der Kitas für einen Tag bestreikt / ErzieherInnen wollen weiterhin einen Tarifvertrag / SPD: „Streik absagen!“

West-Berlin. Am kommenden Freitag werden erneut die Kitas bestreikt. Dies kündigten gestern GEW und ÖTV an. Denn an diesem Tag lädt die SPD-Fraktion zur Anhörung ihres Kita -Gesetzentwurfs. Doch die Gewerkschaften fordern weiterhin einen Tarifvertrag, in dem Personalbemessung, Gruppengröße, Vor- und Nachbereitungszeiten, Fort- und Weiterbildung sowie Umschulung geregelt werden. Ein Gesetz sei zwar „von der Sache her sinnvoll, weil es Eltern das Recht auf einen Kita -Platz einräumt“, erklärte gestern Kurt Lange, Vorsitzender der ÖTV, doch könne es „vom Gesetzgeber jederzeit geändert werden“.

Die SPD ist über den Streiktag „erstaunt“. Durch den Streik werde an dem Tag der Anhörung „ein Klima geschaffen, in dem eine fruchtbare Diskussion schwierig wird“, so Klaus Lohe, jugend- und familienpolitischer Sprecher der Fraktion. Die SPD fordert die Gewerkschaften auf, den Streik abzusagen. Die Gewerkschaftsspitze begründete die Arbeitsniederlegung mit den Arbeitsbedingungen in den Kitas, die sich seit dem erfolglosen zehnwöchigen Kita-Streik weiter verschlechtert hätten, und damit, daß die Basis den Streik wolle.

Als neues Argument für einen Tarifvertrag nannte Lange das „Post-Urteil“. Dieses vor vier Wochen vom Bundesarbeitsgericht gefällte Urteil besage, daß der geforderte Kita-Tarifvertrag rechtlich möglich wäre. Juristische Gegenargumente des Senates seien jetzt hinfällig. Werner Thronicker, Sprecher des Innensenats, sagte zum Urteil gegenüber der taz: „Es liegt noch nicht schriftlich vor. Wir haben damals aber mehr politisch argumentiert als juristisch.“

Lange befürchtete nun auch, daß die im Januar vom Senat zugesagten 248 Kita-Stellen möglicherweise nicht besetzt werden können, weil es dafür nicht genügend qualifizierte BewerberInnen gebe. GEW/ÖTV erwarten, daß kommenden Freitag drei von vier Kitas geschlossen bleiben. Der Streiktag soll nicht die letzte Aktion für einen Tarifvertrag sein. Lange kündigte eine „Politik der Nadelstiche“ an.

Dirk Wildt