Polizeigewalt nach Platzbesetzung

■ Atomgegnerin wurde bei einer Rangelei mit Polizisten in Gorleben die Nase zertrümmert

Gorleben (taz) - Die friedliche Platzbesetzung in Gorleben, bei der am Sonntag sechzig AtomgegnerInnen die zweieinhalb Meter hohe Mauer um den Bauplatz der Pilotkonditionierungsanlage (PKA) mit einer zusammensetzbaren Holztreppe überwanden, hatte ein gewalttätiges Nachspiel.

Der mit den Montageteilen der Treppe beladene Lastwagen eines Landwirtes wurde auf dem Rückweg plötzlich von der Polizei gestoppt, von mindestens sieben Streifenwagen umstellt und der Fahrer zur Herausgabe des Materials aufgefordert. Bei einer anschließenden Rangelei zwischen den Polizeibeamten und den wenigen VerteidigerInnen der „Spezialtreppe“ wurde einer Frau mit einem gezielten Faustschlag das Nasenbein zertrümmert. Obwohl die Polizei während der gesamten Besetzungsaktion weder Leitern und Treppe, noch die Personalien der Beteiligten verlangt hatte und obwohl die AtomgegnerInnen Sachbeschädigungen vermieden und schließlich freiwillig den Platz verließen, kündigte der Leiter der Lüchower Polizeidienststelle, Wolfgang Mönckmeyer, Ermittlungsverfahren gegen sie an. Einige von ihnen habe man von früheren Aktionen her wiedererkannt. Mönckmeyer düster zur taz: „Viele waren sicherlich von einer friedlichen Stimmung getragen, aber einige sind auch zu anderem fähig.“

Auf die Frage, warum die Treppe nicht schon während der Besetzung einkassiert worden sei, als sie vier Stunden lang ungeschützt an der Mauer lehnte, erläuterte Mönckmeyer: „Dann hätte man den Leuten die Möglichkeit genommen, freiwillig wieder vom Platz zu gehen“, was dann einer „freiheitsentziehenden Maßnahme“ gleich gekommen wäre.

Unter dem Motto „Gorleben bebt“ hat gestern morgen um sechs Uhr eine Gruppe von 25 HandwerkerInnen mit einer neuen Blockade vor den Toren des atomaren Zwischenlagers in Gorleben begonnen. Diese „eskalierende Blockade“ soll ab jetzt jeden Montagmorgen wiederholt und ausgeweitet werden.

Gabi Haas