Mompers neuer Freund im Osten

Tino Schwierzina, künftiger SPD-Oberbürgermeister von Ost-Berlin, züchtet lieber Rosen statt Nelken  ■ P O R T R A I T

Das Wort „Genossen“ geht ihm noch immer nicht über die Lippen. Seine Sozialdemokraten nennt er „meine lieben Parteifreunde“. Die aufgesetzte und oft verlogene Vertraulichkeit, die die SED-Mitglieder jahrzehntelang praktizierten, ist ihm zuwider. Schwierzina, der Anfang November in die wiedergegründete SPD eintrat, hatte sich in den Zeiten der Mauer in seinen Rosengarten zurückgezogen. Politisches Engagement in der Staatspartei oder einer ihrer Blockflöten kam für ihn nie in Betracht. Knapp vier Wochen hatten die SPD-Parteimanager Zeit, ihren Spitzenkandidaten „aufzubauen“. So wurde seit Anfang April kaum ein Foto von Walter Momper geschossen, das nicht auch Schwierzina abbildete. Der Publikumsliebling aus dem Schöneberger Rathaus nahm den Oberbürgermeister in spe an seine Seite, und es verging keine Pressekonferenz, keine Wahlveranstaltung, auf der die beiden nicht zusammen auftauchten.

Bei einer künftigen Gesamtberliner Wahl will Schwierzina seinem Momper nicht im Wege stehen. Der 62jährige ist sich klar darüber, daß er eine geordnete Übergabe an seinen Freund vorbereiten soll und dann zu seinen Rosen zurückkehren wird. Zum Nulltarif bekommt Momper den Stadtschlüssel aber nicht. Wenn Ost-Berlin involviert ist in der Frage der Bebauung des Potsdamer Platzes etwa -, will Schwierzina mitreden und, wenn es sein muß, dagegen halten. „Wir müssen mit unseren Pfunden nur richtig wuchern!“ betont er immer wieder.

Daß ihm die Mitarbeiter des Bündnis 90 näherstehen als die Leute aus der CDU, hat Schwierzina nicht verheimlicht. Das seien „Freunde von uns“, die viel bewegt und wenig Stimmen bekommen hätten. Mit Spaß am Detail bastelt der Hobbygärtner nun an seiner Regenbogenkoalition. Ein schwarz-rotes Bündnis würde ihm keinen Spaß machen. Schwierzina und seine Ostberliner SPD-Truppe haben bis zuletzt versucht, die große Koalition auf Landesebene zu verhindern.

C.C. Malzahn