Koalition für das ideelle Gesamtberlin

Berlin (taz) - Schon im Laufe des heutigen Tages beginnen in Ost-Berlin die ersten Gespräche zwischen der SPD und ihren möglichen Koalitionspartnern in einer künftigen Stadtregierung, dem Magistrat. Die SPD begreife ihr Abschneiden als Auftrag, einen Magistrat zu bilden, erklärte ihr Berliner Spitzenkandidat, Tino Schwierzina gestern auf einer Pressekonferenz (siehe auch Portrait). Als erstes wird mit der CDU und dem Bündnis 90 über die Aufnahme förmlicher Koalitionsverhandlungen geredet. Die Sozialdemokraten, die mit über 34 Prozent als stärkste Partei aus den Kommunalwahlen in Berlin hervorgingen, wollen aber auch mit der Grünen Liste, dem Bund Freier Demokraten, der FDP, dem Demokratischen Aufbruch und der Bauernpartei verhandeln.

Gespräche mit der PDS hatte der Sitzenkandidat und künftige Berliner Oberbürgermeister schon vor der Wahl ausgeschlossen. Nun lehnten die Sozialdemokraten aber auch die Einbeziehung der Alternativen Linken Liste (ALL) - ein aus mehreren linken Organisationen und Parteien bestehendes Wahlbündnis - ab. In der ALL würden auch PDS und FDJ -Mitglieder mitarbeiten, hieß es zur Begründung. Die ALL verfügt in der Stadtverordnetenversammlung über einen Sitz und war im Wahlkampf neben Bündnis 90 und grüner Liste von der Alternativen Liste in West-Berlin unterstützt worden.

Auf der Pressekonferenz im Roten Rathaus stellte Schwierzina die Koalitionsprüfsteine seiner Partei vor. Die „Herstellung der Einheit Berlins und die Gestaltung Gesamtberlins als künftige deutsche Hauptstadt“, der Aufbau einer „starken Wirtschaft“, die Förderung neuer Klein- und Mittelbetriebe sowie eine „offensive Qualifizierungspolitik“ stehen dabei im Vordergrund. Weitere politische Ziele: der Wegfall von Grenzkontrollen bis spätestens zum 2. Juli, die Einführung einer Mietpreisbindung, die Mieterhöhungen an Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung knüpft, sowie die Umwandlung der Kommunalen Wohnungsverwaltungen (KWV) in „leistungsfähige städtische Wohnungsbaugesellschaften“. Eine Privatisierung der KWV kommt für die SPD nicht in Betracht.

Die Berliner Versorgungsbetriebe sollen „sinnvoll entflochten“ und nach Westberliner Vorbild in städtische Eigenbetriebe umgewandelt werden. Investitionen im Verkehrsbereich seien zunächst in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs zu lenken. Außerdem setzt sich die SPD dafür ein, „schnellstmöglichst“ für Ost-Berlin eine Verfassung zu erarbeiten, die sich an der Westberliner Verfassung orientiert. Darin soll auch ein kommunales Wahlrecht für Ausländer festgeschrieben sein. Im Hinblick auf das Zusammenwachsen Berlins möchte die SPD ein gemeinsames Berliner Verfassungsgericht schaffen.

Tino Schwierzina forderte den alten Magistrat auf, ab sofort keine personellen Veränderungen in den Verwaltungen und Betrieben der Stadt mehr vorzunehmen. Es dürften auch keine Grundstücksgeschäfte abgeschlossen oder Gewerbegenehmigungen an Objekte wie eine Spielbank mehr erteilt werden.

C.C.Malzahn