: Überschallende Ohrfeige
Die neue „Super-Concorde“: Hypersonisch zum Pazifik ■ Theorie der Wiederkehr des Gleichen
Paris (taz) - Ein wahrhaft historischer Tag für die Überflieger unter unseren Lesern: Heute werden „British Aerospace“ und Frankreichs „Aerospatiale“ ihr Joint-venture „Super-Concorde“ vorstellen - einen hochgezüchteten Wundervogel, der bis zum Jahr 2005 225 Passagiere 12.000 Kilometer weit tragen soll, und zwar mit zweieinhalbfachem Überschall.
Der Vertrag, der zunächst eine Machbarkeitsstudie vorsieht, wurde am gestrigen Dienstag unterschrieben. Schon im Dezember hatten die designierten Motorenhersteller „Rolls -Royce“ und „Snecma“ beschlossen, gemeinsam den Markt für Überschallturbinen zu sichten.
Der Vertrag ist eine kleine Sensation. Wer hätte geglaubt, daß die anglo-französischen Flugzeugbauer jemals wieder die Kühnheit haben würden, den Namen „Concorde“ auszusprechen, der zum Inbegriff technokratischen Größenwahns und bedenkenloser Zukunftsgewißheit geworden ist? Die 1976 nach vierzehn Jahren Entwicklungszeit in Dienst genommene Concorde war vor allem eine hyperschallende Ohrfeige für die (öffentlichen) Finanziers: knapp zehn Milliarden Mark Entwicklingskosten für einen Flieger, von dem letztendlich jämmerliche 18 Stück gebaut wurden. Denn Concorde, das bedeutete Schall und Rauch im Übermaß, und die meisten Flughäfen verweigerten Lande- und Überfliegerechte.
Doch all dies ist vergessen und vergeben, die Wirtschaft boomt, und der zukunftsträchtige Pazifik-Raum verlangt, so die Mutmaßungen der Marktforscher, schnellen Anschluß an Europa. Die Planer versprechen außerdem, daß die Super -Concorde leiser und weniger umweltzerstörend sei als ihre Vorgängerin: statt zehn Liter Kerosin auf 100 Kilometer werde sie nur 4,5 Liter verbrauchen - pro Passagier natürlich.
Die Kosten des Projekts schätzt man auf 25 Milliarden Mark, so daß auf die Beteiligung amerikanischer Firmen und großzügige Unterstützung der Staatskassen gesetzt wird. Oh Wiederkehr des Immergleichen!
Alexander Smoltczyk
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen