Winnie Mandela wieder im Zwielicht

Prozeß um die Ermordung des Jugendlichen Stompie Seipei durch den umstrittenen Winnie-Mandela-„Fußballclub“  ■  Aus Johannesburg Tim Murphy

Winnie Mandela, einstige Heldin des südafrikanischen Freiheitskampfes, büßt immer mehr an Ansehen ein. Vor dem Rand Supreme Court in Johannesburg werden derzeit die Anschuldigungen gegen Winnies ehemalige Leibgarde, den „Mandela United Football Club“, verhandelt, die schon vor mehr als einem Jahr dazu führten, daß der ANC die einstige „Mutter der Nation“ aufs Abstellgleis stellte.

Der Prozeß gegen den Manager des Fußballclubs, Jerry Vusi Richardson, 41, wegen Entführung, Körperverletzung, Mordversuchs und Mord, der vergangene Woche zeitgleich mit den Verhandlungen zwischen ANC und Regierung in Kapstadt begann, hat schon jetzt neue Fragen über die Vorgänge im Hause 585 Diepkloof Extension, Soweto, zutage gefördert.

Im Kern geht es um die Ermordung des 14jährigen „Stompie“ Moeketsi Seipei, dessen Leiche im Januar 1989 in der Nähe von Soweto gefunden worden war, sowie um die „Inhaftierung“ von drei anderen Jungen im Mandela-Haus. Der älteste der angeblich Entführten, Kenneth Kgase, sagte aus, Winnie habe alle vier vernommen und ihnen beim Abendessen mitgeteilt, sie seien „nicht wert zu leben“. Gemeinsam, so Kgase, seien sie beim Kartenspielen in ihrer Unterkunft am Abend des 29.12.89 vom Angeklagten aufgestöbert und nach Diepkloof Extension gebracht worden. Erst habe man dort ein Freiheitslied gesungen, dann sei er allein verhört worden. Ihm und zwei anderen Jungen sei vorgehalten worden, sie würden mit einem methodistischen Reverend schlafen. Winnie habe ihn bei den Haaren gepackt und ihm sexuelles Fehlverhalten vorgeworfen.

Danach, so Kgase, habe sie sich Stompie vorgenommen und ihn bezichtigt, die Genossen auszuspionieren. Alle seien verprügelt worden, am schlimmsten Stompie, der insgesamt vier Tage lang mißhandelt worden sei, bis er geschrieen habe: „Ja, ich bin ein Polizeispion.“ Der angeklagte Richardson habe wiederholt gesagt, Stompie werde nicht mehr lange leben. Am Neujahrstag habe der Angeklagte dem Jungen dann befohlen, seine Sachen zusammenzupacken, damit er ihn nach Hause bringen könne. Am nächsten Tag habe er seine Kleidung gewaschen und Blutspuren auf den Schuhen gehabt, sagte Kgase aus.

Der zweite angeblich Entführte, Thabiso Mono, berichtete am Dienstag, Nelson Mandela habe - nach der Entdeckung von Stompies Leiche - aus der Haft heraus versucht, die Jungen in die Obhut seines Anwaltes Ismail Ayob zu bringen. Der Anwalt habe versucht, sie aus dem Mandela-Haus abzuholen, doch ihnen sei vom Angeklagten gesagt worden, sie sollten sich weigern.

Die Mandela-Familie hat das Haus in Diepkloof Extension vor einigen Tagen verlassen, um in die unter der Bevölkerung von Soweto so lange heiß umstrittene Nobelvilla zu ziehen, die Winnie Mandela vor Jahren bauen ließ. Winnie Mandela hatte sich seit vergangenem Jahr von politischen Veranstaltungen ferngehalten und sich in jüngster Zeit auf die Begleitung Nelson Mandelas beschränkt. Das schwarze Magazin 'Drum‘ stellt sie in seiner Mai-Ausgabe als ausgezeichnete Köchin vor: „Jetzt hat sie die Chance, das zu sein, was sie am meisten möchte - eine liebende und sorgende Ehefrau und stolze Großmutter.“