FDGB beschließt seine Auflösung

■ Der letzte Kongreß spätestens im Herbst / Kritik an mangelnder Demokratisierung im Dachverband

Berlin (taz/afp) - Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) der DDR hat gestern seine Auflösung beschlossen. Wie der Vorsitzende des neugewählten Sprecherrates, Peter Rothe von der Gewerkschaft der Eisenbahner, in Ost-Berlin mitteilte, beauftragten die Vorsitzenden der im FDGB zusammengeschlossenen Einzelgewerkschaften den geschäftsführenden Vorstand des Dachverbands damit, einen außerordentlichen Kongreß vorzubereiten, der spätestens im Herbst stattfinden und die Auflösung feststellen soll. Der neugebildete Sprecherrat soll das Vermögen des FDGB auf die Einzelgewerkschaften aufteilen und enge Beziehungen zum bundesdeutschen Gewerkschaftsbund DGB einleiten.

Der Hauptvorstand der IG Bergbau-Energie-Wasserwirtschaft (IG BEW) hatte am Dienstag als erster beschlossen, die Mitgliedschaft im FDGB ruhen zu lassen. Die Gewerkschaft wollte alle notwendigen Schritte zur Vorbereitung einer „Urabstimmung für ihren Austritt aus dem Dachverband“ ergreifen.

Der Beschluß der Bergbaugewerkschaft steht am Ende einer längeren Auseinandersetzung um den Kurs der FDGB-Führung unter der Vorsitzenden Helga Mausch. Die Beschlüsse „zur Durchsetzung des Demokratisierungsprozesses und zur Ablösung basisdemokratisch nicht legitimierter Funktionäre im FDGB“ seien nicht erfüllt, heißt es in dem Beschluß der IG BEW.

Den letzten Ausschlag für die Aufkündigung der Mitgliedschaft gab für die IG BEW der offene Brief des FDGB -Vorstandes von Anfang Mai an Ministerpräsident de Maiziere. In dem Brief fordert der Gewerkschaftsverband die Erhöhung der Löhne um 50 Prozent noch vor der Währungsunion sowie die Einführung der 38-Stunden-Woche und droht gleichzeitig mit Streikaktionen. Die Forderungen werden von der IG BEW als „überzogen“, „unrealisierbar“ und als „unrechtmäßiger Eingriff in unsere satzungsmäßige Tarifautonomie“ heftig kritisiert.

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