Kaschmir zwischen indo-pakistanischer Front

■ Erneut Tote in Kaschmir nach verstärkter Truppenstationierung / Benazir Bhutto wirbt bei arabischen Ländern um Unterstützung

Jammu/Islamabad (afp/wps) Schußwechsel im indischen Bundesstaat Jammu Kaschmir forderten am Mittwoch erneut sieben Menschenleben und 16 Verletzte. In der Hauptstadt Srinagar explodierte auf eine Markt unweit eines Regierungsgebäudes eine Handgranate. Nach Augenzeugenberichten haben indische Soldaten auf Zivilisten geschossen, nachdem sie von islamischen „Separatisten“, die sich unter die Menge gemischt hatten, angegriffen worden seien. Wie die indische Nachrichtenagentur 'pti‘ berichtete, griff nach den Gefechten Panik um sich. Die zehnstündige Aufhebung der Ausgangssperre sei daraufhin unterbrochen worden.

Die Gefechte eskalieren zu einem Zeitpunkt, da die indische Regierung die alljährliche Umsiedlung ihrer Angestellten von der Winterhauptstadt Jammu in die Sommerresidenz Srinagar vornimmt. Unter diesen befinden sich nicht wenige Hindus, die sich bereits im vergangenen Winter vor den Drohungen der fundamentalistischen Muslime in Sicherheit zu bringen suchten.

Einem Journalisten der 'Los Angeles Times‘ gelang es vergangene Woche drei Tage mit dem Fahrrad durch Srinagar zu touren, das der Presse seit zwei Monaten unzugänglich ist. Die Feuergefecht zwischen den aufgestockten indischen Truppen und den Separatisten haben nach seinem Bericht bereits Spuren an den Hauswänden der Himalayaidylle hinterlassen.

Touristen, die bislang achtzig Prozent aller Einnahmen mitbrachten, sind aus dem Straßenbild verschwunden. Die Ökonomie droht zusammenzubrechen und jeder lebt in Angst und Schrecken - entweder vor den Mukhbirs, den Militärspitzeln, oder den Mudschaheddin, den heiligen Kriegern, die fast die Hälfte des bewaffneten Widerstands gegen die indische Regierung stellen. „Wir haben nur die Alternative Mudschaheddin oder Mukhbir zu werden“, beklagte ein bekannter Kaschmiri Geschäftsmann, der ungenannt bleiben wollte. „So oder so ist man seines Lebens nicht mehr sicher. Aber im Augenblick versteht sich so gut wie jeder als Mudschaheddin. Jeder will die Unabhängigkeit.“

Nach Berichten der urdusprachigen Tageszeitung 'Daily Jang‘ soll die pakistanische Ministerpräsidentin Bhutto eine Reise in verschiedene arabische Länder unternehmen, um für Unterstützung der Separatisten im indischen Teil Kaschmirs zu werben. Sie wird ihre Reise am 15.Mai mit einem Besuch des Iran beginnen, das seine Unterstützung für die überwiegend moslemische Bevölkerung des umstrittenen Bundesstates bereits zugesichert hat. Neu-Delhi hatte Islamabad mehrfach beschuldigt, der muslimischen Guerilla in materielle Unterstützung zu gewähren. Pakistan hatte dies jedoch immer bestritten.

sl