Willkür beim WDR

■ Bundesverfassungsgericht: Grüne dürfen doch an Fernsehrunde vor der Wahl in NRW teilnehmen

Düsseldorf (taz) - Das Bundesverfassungsgericht hat gestern vormittag in einer Eilentscheidung verfügt, daß der Kölner Sender WDR die nordrhein-westfälischen Grünen an der für den gleichen Abend vorgesehenen Fernsehdiskussion der Spitzenkandidaten zur Landtagswahl beteiligen muß. Mit dieser sensationellen Anordnung hoben die Verfassungsrichter eine gegenteilige Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster vom Dienstag auf und folgten statt dessen der Linie des Kölner Verwaltungsgerichts, das schon in der vergangenen Woche die Ausgrenzung der Grünen als „willkürlich“ zurückgewiesen und die Einladung verfügt hatte.

Ursprünglich hatte der WDR die Diskussionssendung als Duell Rau gegen Blüm konzipiert, doch da spielten die Freidemokraten nicht mit. Nach Intervention des FDP -Parteivorsitzenden Jürgen Möllemann und des Spitzenkandidaten Achim Rohde bei den WDR-Gewaltigen erhielten auch die Liberalen Zutritt. Den Wunsch der Grünen, ebenfalls beteiligt zu werden, wies der WDR dagegen naßforsch zurück. Die Sendung, so schrieb der WDR -Chefredakteur Claus Hinrich Casdorff, der erst kürzlich von Möllemann höchstpersönlich für 40jährige FDP-Mitgliedschaft geehrt worden war, diene dem „Rückblick auf die abgelaufene Legislaturperiode“, und deshalb könnten „selbstverständlich“ nur die im nordrhein-westfälischen Landtag vertretenen Parteien teilnehmen.

Das Verwaltungsgericht in Köln ließ sich davon nicht blenden, sondern befand, daß die Grünen und die FDP „im wesentlichen gleichbedeutend einzustufen“ seien. Gerade im Verhältnis der Grünen zur FDP, die beide als Hauptziel die Überschreitung der Fünfprozenthürde verfolgten, stelle die Teilnahme der Liberalen eine „Bevorzugung“ dar und erscheine „willkürlich“. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, den Kölner Beschluß „bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde“ wieder in Kraft zu setzen, ist dabei nur vorläufiger Art. Zu beurteilen, ob sachgerecht oder willkürlich vom WDR gehandelt wurde, bleibt dem Hauptverfahren vorbehalten.

Im WDR führte die Entscheidung zu hektischen Konferenzen. Auf jeden Fall, so teilte Indendant Nowottny den Grünen mit, werde man nur die im Gerichtsbeschluß genannte Bärbel Höhn zulassen. Dem Willen der Grünen, den auf Platz 2 gesetzten männlichen Spitzenkandidaten M. Vesper auf die Mattscheibe zu lassen, werde man nicht entsprechen.

Walter Jakobs