BGH kassiert Strobl-Urteil

Bundesgerichtshof über die Verurteilung Ingrid Strobls: „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ nicht bewiesen / Verurteilung wegen „Beihilfe zum Sprengstoffanschlag“ bleibt jedoch / Angeklagte kommt frei  ■  Von Wolfgang Gast

Berlin (taz) - Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer gestern veröffentlichten Entscheidung das Urteil gegen die Journalistin Ingrid Stobl aufgehoben und den zentralen Anklagepunkt „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ verworfen. Der Prozeß gegen die 38jährige muß damit neu aufgerollt werden. Wegen „Unterstützung“ der Revolutionäre Zellen und der Beihilfe zu einem Sprengstoffanschlag auf das Verwaltungsgebäude der Lufthansa in Köln war Ingrid Strobl vom Düsseldorfer Oberlandesgericht am 9. Juni 1989 zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Nach der BGH-Entscheidung beantragten gestern ihre VerteidigerInnen sofort die Aufhebung des Haftbefehls. Nachdem die Generalbundesanwaltschaft signalisierte, einer Haftverschonung zuzustimmen, steht der Freilassung Ingrid Strobls nichts mehr im Wege. Die frühere 'Emma'-Redakteurin sitzt seit Dezember 1987 in Untersuchungshaft.

Als „entscheidenden Erfolg“ wertete Rechtsanwältin Edith Lunnebach, daß der Hauptvorwurf der Unterstützung nach Paragraph 129a vom BGH kassiert wurde. Dem Urteil des 5. Strafsenates beim Düsseldorfer Oberlandesgericht sei damit „eine entscheidende Rechtsgrundlage entzogen“.

Das Oberlandesgericht hatte es als erwiesen angesehen, daß Ingrid Strobl am 11. September 1986 in einem Kölner Uhrengeschäft einen Wecker gekauft hatte, der von den Revolutionären Zellen am 28. Oktober 1986 als Zeitzünder für den Anschlag auf das Lufthansagebäude verwendet wurde. Das Gericht ging weiter davon aus, daß sie dessen „Zweckbestimmung als Tatwerkzeug“ gekannt habe. Neben der „Unterstützung“ verwarf der 3. Strafsenat des BGH auch die Verurteilung wegen der „Beihilfe zur Zerstörung von Bauwerken“. Das Urteil des Oberlandesgerichts sei „rechtsfehlerhaft“, weil die vorgelegten Beweise nicht ausreichten, „der Angeklagten die Kenntnis vom Lufthansagebäude als Anschlagsobjekt und von den 'Revolutionären Zellen‘ als Taturhebern nachzuweisen“.

Die Passagen des Düsseldorfer Urteils, in denen die Richter die Journalistin der „Beihilfe zum Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion“ überführt sahen, wurden dagegen nicht aufgehoben. Die Beweiswürdigung der Düsseldorfer Richter rechtfertige die Annahme, daß Frau Strobl den Wecker erworben habe, „um damit den Bau einer Bombe für einen extremistisch motivierten Bombenanschlag zu ermöglichen“. Der Prozeß wurde zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über die Strafhöhe an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.