Arsen und Stiefmütterchen in UBIS

■ Bremer Umweltberatung erhält computergestütztes Informationssystem / Vernetzung des Wissens macht guten Rat nicht teurer

Guter Rat ist nicht teuer. Aber wer sich in Bremen mit quälenden Fragen nach der richtigen Kompostierung, gesunder und glücklicher Ernährung oder dem rechten Ort für Batterieabfälle an eine Beratungsstelle wenden will, der hat zunächst die Qual der Wahl. Ein umfangreiches Netz an Umweltberatungsstellen durchzieht die Stadt, doch sind die Institute hochgradig spezialisiert. Wer sich über Pflanzenkrankheiten informieren will, der fährt nach Huchting, zum Verein Arbeit und Ökologie. Wer sich über Schadstoffe im Hausmüll schlau machen will, die wendet sich an die Bremer Abfallberatung.Der Deutsche Hausfrauenbund weiß mehr über Energiesparen im Haushalt, die Hemelinger Ernährungs- und Umweltberatung kann viel über die Zusammensetzung von Lebensmitteln erzählen. Damit in Zukunft das versammelte Fachwissen all der vielen Öko-ExpertInnen schneller und genereller zur Hand ist, gibt es seit dieser Woche eine Zauberformel: UBIS.

Die unüberschaubar gewor

dene Fülle an Informationen im Umweltschutzbereich war Geburtshelfer für die „Umweltberatungsdatenbank“. Mit 280.000 Mark aus dem Programm „Arbeit und Umwelt“ der Umweltsenatorin haben die Bremer Umweltberatung und die Hochschule Bremerhaven unter Leitung des Systemanalytikers Professor Dieter Viefhues ein Forschungs-und Entwicklungsprojekt durchgeführt, dessen Ergebnis ein computergestütztes Umweltinformationssystem ist: UBIS. Eine technische Innovation, die bundesweites Echo ausgelöst hat, wie die Umweltsenatorin bei der Übergabe von UBIS an die sieben beteiligten Umweltverbände nicht ohne Stolz vermerkte.

Mit einfachen PC's können zukünftig die MitarbeiterInnen der Beratungsstellen aus einem Fundus von 150.000 DIN A-4 Seiten Informationen abrufen. Gespeichert hat der Zentralcomputer, der beim BUND steht, nicht Literaturverweise, die weiteres Suchen erforderlich machen, sondern gleich die entsprechenden Textstellen, Gesetzesauszüge

oder Zeitschriftenartikel zu dem gewünschten Stichwort. Mit einem Scanner liest der Computer die Texte ein, zeitraubendes Fotokopieren entfällt.

Per Kleinrechner, Modem und Telefon sind die angeschlossenen Verbände mit dem Hauptrechner liiert. Sie sollen nun in ihre eigenen PC's, die 20.000 Seiten fassen, das bislang in Karteikarten und Aktenordnern gehortete Umweltwissen in die Datenbank einlesen. Über Nacht ruft UBIS dann die einzelnen Neueingaben ab und macht das Wissen, das beispielsweise der Recycling-Hof Findorff für wichtig hält, auch für die Verbraucherzentrale verfügbar. Diese „Datenbank von unten“, die darauf vertraut, daß die Fachleute an der Basis am besten entscheiden können, welche Informationen gespeichert werden

sollen, soll aber keineswegs den Beratungsprozeß stören. „Der Computer gehört in die Ecke“, urteilte Dieter Viefhues, der stolz darauf ist, daß ihm und seiner Crew mit dieser einfach zu handhabenden Klein-Rechner-Lösung eine „Revolutionierung des On-Line-Systems“ gelungen ist.

Auch die Verbände zeigten sich „zufrieden, bis hin zu glücklich“, wie es Gerd Adelmann von der Bremer Umweltberatung formulierte. Die nötige Portion Skepsis ist dennoch nicht ausgeräumt. „Der Beratung mangelt es nicht an Informationsdefiziten“, kommentierte beispielsweise Peter Sieling vom Verein Arbeit und Ökologie die Datenbank. „Ob ich an die anderen Daten ran komme, ist mir egal, weil ich die Informationen nicht bewerten kann.“ Auch in Zukunft werde er Men

schen, die von ihm etwas über Heizungsfragen oder Lebensmittelchemie wissen wollen, an die dafür Kompetenten Verbände verweisen. Mit den „nackten Informationen“ aus UBIS wolle er sie nicht abspeisen. Den großen Vorteil des neuen Systems aber sieht er in dem Nutzen für den eigenen Verband. All die handgeschriebenen Karteien könnten „nun auf einen ganz anderen Stand“ gebracht und damit weit effektiver eingesetzt werden.

Viel Arbeit bedeutet das noch, augenblicklich kann UBIS nicht allzuviel bieten. 5000 Seiten sind erst eingelesen. So ließ sich weder unter A noch unter S etwas finden, als der Autor den Projektleiter um eine Antwort auf die Frage bat: „Mit wieviel Arsen darf ich meine Stiefmütterchen düngen? “

Andreas Hoetzel