Ab 1995 gilt die 35-Stunden-Woche

■ Für die IG Metall ein „Traumziel“, für die DAG ein „Kompromiß“ /Die HBV verhandelt weiter

West-Berlin. Nach einem Verhandlungsmarathon von über zehn Stunden einigten sich in der Nacht zum Freitag die beiden Kontrahenten IG Metall, Verwaltungsstelle Berlin, und der Arbeitgeberverband der Berliner Metallindustrie auf einen neuen Tarifvertrag. Die Tarifkommissionen der Gewerkschaft haben dem Verhandlungsergebnis inzwischen geschlossen zugestimmt, die 95.000 Berliner Metaller werden nicht mehr für die 35-Stunden-Woche auf die Straße gehen müssen.

Vereinbart wurde ein Vertrag, der im wesentlichen dem Göppinger Kompromiß gleicht. Die wöchentliche Arbeitszeit wird ab dem 1.April 1993 36 Stunden betragen, ab 1.Oktober 1995 endlich 35 Stunden. Die IG Metall hat damit ihr tarifpolitisches Traumziel erreicht. Wie in Bayern und Hessen wurde auch in Berlin ausgehandelt, daß die Quote derjenigen, die freiwillig 40 Stunden pro Woche arbeiten wollen, für jeden Betrieb mit 13, anstatt wie in Baden -Württenberg mit 18 Prozent festgelegt wird. Die Beschäftigten können zwischen Freizeitblöcken oder Geldausgleich wählen. Abgewehrt wurde ein genereller Angriff der Arbeitgeber auf den freien Samstag. Die neuen Tarifverträge sehen vor, daß sich die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf die Werktage von Montag bis Freitag verteilt. Dieser Manteltarifvertrag gilt bis 1998.

Für die Lohn- und Gehaltstarifverträge wurde eine Laufzeit von 12 Monaten vereinbart. Ab 1.Juni 1990 bekommen alle Metaller sechs Prozent mehr Lohn. Für die Monate April und Mai dieses Jahres wurde eine einmalige Zusatzauszahlung von 215 Mark herausgeschlagen. Die IG Metall ist mit dem Ergebnis zufrieden, zumal ein Arbeitskampf aufgrund der jetzigen streikfeindlichen Rechtslage „riesige Opfer gefordert hätte“. Auch die DAG, die etwa 35.000 Angestellte der Metall- und Elektrobranche vertritt, kann mit dem Ergebnis gut leben. Es ist ein „akzeptabler Kompromiß“.

Im Gegensatz zu den Metallern, die jetzt haben, was sie wollten, streitet sich die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen am Verhandlungstisch immer noch mit den Arbeitgebern des Großhandels. Die HBV-Forderungen nach einer Wochenarbeitszeitverkürzung von 38,5 Stunden auf zunächst 37 Stunden wurden bisher abgelehnt. Wenn sich bis folgenden Montag nichts tut, erklärte der Landesbezirksvorsitzende Manfred Müller, „dann werden sich die Berliner Großhandelsbeschäftigten dem Beispiel ihrer schleswig -holsteinischen Kollegen anschließen und sich auf Urabstimmungen und Streiks vorbereiten“.

aku