Beinahe-Crash nach „Sichtflug“ im Wolkendunst

■ Kurz vor dem verhinderten Zusammenstoß bei Saarbrücken hatten sich die beteiligten US-Piloten vom Radarschirm verabschiedet / Fluglotse warnte Piloten der britischen Zivilmaschine vor nahenden Militärjets / Passagiere prallten beim Sturzflug gegen die Decke

Mainz (taz) - Der „Sichtflug“ der beiden amerikanischen Militärjets ist die Ursache des Beinahe-Zusammenstoßes am Donnerstag bei Saarbrücken. Bei dem Zwischenfall waren die US-amerikanischen Kampfflugzeuge auf ein britisches Passagierflugzeug über dem „Erbeskopf“ aufeinander zu gerast. Die Flugzeuge sollen sich bis auf 150 Meter genähert haben, ehe der Pilot der Zivilmaschine den Zusammenstoß durch ein waghalsiges Sturzflugmanöver verhindern konnte. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft Saarbrücken. Bei dem Sturzflug waren zwei der 21 Insassen verletzt worden. Das bestätigte gestern die Bundesanstalt für Flugsicherung.

Wie ein Mitarbeiter der Flugsicherungsbehörde der taz sagte, hatten sich die beiden Piloten der F-15-Maschinen kurz vor dem Zwischenfall vom Radar abgemeldet. Sie flogen im sogenannten Sichtflug. Fraglich ist, ob dies erlaubt war.

Nach der Zeugenaussage des britischen Piloten lag die Sichtweite bei nur „fünf Kilometern in Dunst“. Sichtflug ist nur bei wolkenfreiem Himmel erlaubt, wie ein Sprecher des Luftfahrtbundesamtes in Braunschweig gestern ausdrücklich bestätigte. Ob legaler oder illeagler Sichtflug - schon jetzt vermuten die Flugsicherer, daß „kaum etwas herauskommt, was vor Gericht zu verwerten wäre“.

Die britische Maschine, eine zweimotorige „Hawker Siddeley“, befand sich auf ordnungsgemäßem Kurs von Berlin nach Saarbrücken. Die beiden aus Bitburg stammenden US -Militärjets kehrten gerade von einer Übung zurück, die brisanterweise auch den Raum Pirmasens erfaßte, in dem sich das US-Giftgaslager Clausen befindet.

Daß es nicht zum Zusammenstoß kam, ist einem Fluglotsen der Luftkontrolle in Ramstein zu verdanken. Der roch die Gefahr, konnte aber nur den britischen Piloten erreichen, da die US -Piloten ihren Funk abgeschaltet hatten. Der Pilot des Passagierflugzeugs sah unmittelbar nach dieser Warnung durch den Lotsen beim Blick aus der Pilotenkanzel einen der Jagdflieger heranrasen und ging sofort in den „steilen Sinkflug“ über. Dabei wurden einige der Passagiere, die nichtsahnend in der Maschine saßen, gegen die Decke geschleudert. Die US-Piloten sagten, sie hätten die britische Maschine gesehen und ihre Jets in letzter Minute hochgezogen. Nach ihrer Landung hatten sie den Vorfall gemeldet.

Der rheinland-pfälzische Innenminister Rudi Geil verlangte gestern den sofortigen Stopp von Tiefflügen und Luftkampfübungen über bewohntem Gebiet. Geil wies auch auf die Gefahren derartiger Vorfälle für den bevorstehenden Abtransport der chemischen Waffen hin.

Mehrere Passagiere aus dem Unglücksflugzeug traten die Rückreise nach Saarbrücken per Bahn an.

Jow/-man