US Army als Großinvestor in der BRD

Für 1992 bis '95 will das Pentagon allein für Rheinland-Pfalz 2,2 Milliarden Dollarin militärische Anlagen investieren / Kampfzentralen sollen auf dem Flugplatz Hahn gebaut werden / Neues Raketensystem ATACMS in Kaiserslautern geplant  ■  Aus Mainz Joachim Weidemann

Einen neuen Feind haben sie noch nicht gefunden, aber sie bereiten sich schon auf ihn vor: 2,2 Milliarden Dollar wollen US Army und Air Force zwischen 1992 und 1995 allein in ihre rheinland-pfälzischen Militäranlagen stecken. Das geht aus der Analyse ihrer Finanzpläne („Fiscal Year Plans“) hervor, die der Friedensforscher Burkhard Luber gestern in Mainz vorstellte. Luber besorgte die Analyse in seinem unabhängigen Forschungsinstitut im Auftrag der rheinland -pfälzischen Grünen.

Luber und die Grünen äußerten gegenüber der taz den Verdacht, die USA hätten sich bei den bisher vorgestellten Finanzplänen lediglich wegen der Wiener Abrüstungsverhandlungen und der bevorstehenden Bundestagwahlen zurückgehalten.

Der letzte veröffentlichte Vierjahresplan (1991-94) sieht nämlich nur 764 Millionen Dollar vor - der jetzt bekanntgewordene (1992-95) immerhin das Dreifache.

Bis 1991 sieht es zunächst so aus, als wolle das Pentagon in der Bundesrepublik abrüsten: Waren im Finanzplan von 1990 noch 50 Millionen Dollar für Militärausgaben seitens der US Air Force und 48 Millionen Dollar seitens der US Army in Rheinland-Pfalz vorgesehen, so sinken diese Zahlen 1991 frappierend auf nur noch 16 Millionen bzw. fünf Millionen. Die Summen beziehen sich allerdings nur auf rein militärische Ausgaben; Baumaßnahmen in Kasernen sind noch nicht darin enthalten.

Ebenfalls gegen echte Abrüstungsabsichten der Amerikaner sprechen zwei militärische Bauprojekte, die ins Auge stechen: Auf dem Militärflugplatz Hahn in der Eifel soll eine „Kampfzentrale“ installiert werden. Im Finanzplan fehlen dazu nähere Angaben. Allerdings steht Hahn nach taz -Informationen noch immer auf der Liste der Aspiranten für die atomar einsetzbaren Militärflugzeuge F-15 E. Für den Stationierungsort Hahn spricht des weiteren, daß dort das Nachtflugsystem LANTIRN eingeführt wird, das für die Flüge der F-15 E erforderlich ist. Mit den atomaren Abstandswaffen der F-15 E könnten die USA ein Verbot von landgestützten Atomwaffen unterlaufen. Die Stationierung der F-15 E würde zudem ins Konzept der Nuklearen Planungsgruppe der Nato passen, landgestütze Atomwaffen durch luftgestützte zu ersetzen.

Nachgerüstet wird ebenfalls bei Waffensystemen, die sowohl konventionell als auch nuklear zu bestücken sind. So soll in Kaiserslautern für fünf Millionen Dollar ein „Testzentrum“ für das neuartige taktische US-Raketensystem ATACMS entstehen. Das Projekt ist als „new mission“ deklariert. Nicht ohne Grund: Denn ATACMS war bislang noch nirgendwo in Rheinland-Pfalz stationiert. Über ATACMS selbst, das sich noch in der Erprobungsphase befindet, ist derzeit wenig bekannt: Der Waffenkatalog der US Army spricht von einem weitreichenden Waffensystem für alle Wetterbedingungen mit einer Reichweite von 200 bis 400 Kilometern, das mit Mehrfachsprengköpfen bestückt werden soll. Der Rest ist geheim.

Dagegen lüften die Amerikaner jetzt den Schleier der Geheimniskrämerei in punkto Umwelt. So gibt die US Air Force in den Finanzplänen erstmals zu, daß die Abwasserentsorgung der Air Base Spangdahlem grobe Mängel aufweist.

Die Pläne lassen ferner vermuten, daß die Amerikaner ganz und gar nicht an einen totalen Truppenabzug denken. So sehen es der Grünen-Friedensexperte Gernot Rotter und Anne Dietrich vom Grünen-Landesverband. Zu den Militärausgaben nämlich kommt ein hoher finanzieller Aufwand für Kasernen und sonstige US-Infrastruktur in Rheinland-Pfalz. Erstens existiert ein US-Programm „Whole Neighbourhood“, das den Amerikanern das Leben in ihren Townships etwa mit Sportanlagen versüßen soll. Zum zweiten ist geplant, das Schulnetz auf das Zehnfache zu erweitern und neue Kinderbetreuungsstätten zu eröffnen. Kaum ein Zeichen für einen Truppenabzug aus Rheinland-Pfalz. Für typisch halten Luber und Rotter diesbezüglich die Begründung in den Plänen, wonach all diese Zivilmaßnahmen notwendig seien, „um die Wohneinheiten für die Nutzungsdauer von weiteren 20 Jahren zu restaurieren.“