„...zu meiner Frau ins Bett“

■ Erste Gesamtberliner Vogelschau und -börse im Casino am Buschkrug in Neukölln / Vogellatein und Zuchterfolge / Was tun, damit Mamas Liebling keinen Frust kriegt? - und andere Tips für Vogelfreunde

Neukölln. Zu einer Uhrzeit, zu der sich Kreuzberger Metropolenmenschen noch unter Daunen räkeln, wird in Britz bereits mit Vögeln Geschichte gemacht: Am Wochenende gab's die allererste Gesamtberliner Vogelschau. Im Casino am Buschkrug, unter der Woche gemütlicher Treffpunkt der Schreberjugend, zeigten 45 Aussteller ihre Zuchterfolge vor. Trällernde Kanarenhähne und kecke Mohrenkopfpapageien, Pfirsichköpfchen und Ziegensittiche sorgten für Dschungelfeeling, ein echter Bezirksstadtrat für Lokalpatriotismus: „Neukölln ist eine Hochburg der Vogelzucht“, fand Bodo Mangold (CDU).

An den Käfigen hängen kleine Schilder. Ein Rosenköpfchen, lesen wir da, ist „geboren März '89“. Preise zum Besitzerwechsel liegen zwischen 20 und mehreren hundert Mark West, bei Belieben auch 1:2 in Ost. Bühnenreifer Gesang füllt die Halle aus. Zwischen den Volieren palavern die Züchter: „Zwanzig Jahre lang ist der zu meiner Frau ins Bett gekommen - und hat immer mit dem Schwanz gewackelt, wenn er mal mußte.“ Vogellatein bietet auch ein anderer Besucher: „Der hat mich richtig verfolgt und ist mit mir auf der Straße spazieren gegangen.“

Ganze Familien sind gekommen, die kleinsten hocken da und staunen nur. Und während Papa Geschäfte macht, zieht sich der Nachwuchs in einer Ecke der Halle Videos rein. Naturkundevideos. „Wir wollen mit der Nachzucht den Großhändlern das Wasser abgraben“, so eine Ausstellerin. „In der Quarantäne bekommen die Antibiotika. Das zerstört die Darmflora total.“ Bestätigt eine Nebenstehende: „Meiner fiel einfach tot um. Da muß ich mir 'nen Neuen koofen.“

Ein älterer Herr, drei Käfige weiter, war 27 Jahre lang Preisrichter, Singvögel mußten ihm bei „geschlossenem Schnabel sieben Touren pfeifen“. Vormachen kann er dies leider nicht. „Ziergeflügel“ werden in trockenem Ostdeutsch die bunten Exoten genannt. Ein angereister Züchter vermag keinen großen Unterschied zwischen den Trill-Hähnchen und seinen 80 Einheitsvögeln zu erkennen. „Nur die riesigen Sittiche da hinten, so was gibt es bei uns nicht.“

„Nur angekeimtes Futter verwenden“, rät ein Experte, „richtige Beschäftigung“, ein anderer. „Man darf einen Vogel nicht zum betätscheln kaufen, das wird dann ein typischer Haustiervogel, der auf Mama wartet und unter Frustrationen leidet.“

Der Vogelfreund ist ein besonderer Mensch. Vorsichtig, den Kopf leicht schräg gehalten, nähert er sich dem Ausstellungsort, zögernd folgen die ersten Schritte im Innern. Kein Vergleich zum Seemannsgang von Hundeabrichtern. „Wir sind stillere Leute“, sagt Frank Parakenings, Organisator der Schau. Etwa 600 von ihnen erwartete er bis gestern abend. Sie mögen auch die Stadttauben. Man müsse nur auch ihre „natürlichen Feinde unterstützen, Autos und Turmfalken“, sagt Parakenings.

Joachim Schurig