Frohe Ostern!

■ Berlin multikulturell: Die Armenische Gemeinde zu Berlin feiert dann, wenn der Priester aus Köln einfliegen kann

West-Berlin. Überall auf der Welt, in allen christlichen Religionen, wurde das Osterfest dieses Jahr - ausnahmsweise zusammen - am 14. April gefeiert. Nur nicht bei der Armenischen Gemeinde in Berlin. Für die rund 600köpfige Gemeinschaft fand Ostern dieses Jahr am 12. Mai statt. Nicht Bibelexegese war schuld an der Verspätung, sondern der Terminkalender des Priesters. Es gibt nämlich nur einen in der Bundesrepublik, und der lebt in Köln und hat viel zu tun. Jedes Wochenende hütet er in einer anderen Stadt seine Schäfchen, für Berlin war eben nicht früher Zeit, und so kam er im Mai. Denn viel entscheidender als das Kalenderdatum ist das, was die Armenische Gemeinde zusammenhält: die eigene Sprache und der Glaube.

Der Ostergottesdienst im Exil nahm Rücksicht auf die, die mit der Zeit rechnen. Eine traditionelle armenische Ostermesse dauert vier Stunden. Gebete, Ansprache, das Wechselspiel zwischen Kantor und Chor erfordern die Geduld der Gemeinde. Der Priester beugte vor, zelebriert wurde die zweistündige Kurzfassung. Auch andere Widrigkeiten müssen in der Diaspora hingenommen werden. Ein armenischer Gottesdienst ist ein Fest für Auge und Herz. Ikonen, Marienbildnisse, Weihrauch im Überfluß, Herolde und eine Vielzahl von Meßdienern gehören zur orthodoxen Prachtentfaltung. Die protestantische Strenge der von Karl Schinkel ausgestalteten Luisenkirche in Charlottenburg steht im krassen Widerspruch zum traditionellen Pomp. Aber die Gemeinde ließ sich nicht beirren.

Abschließend wurde gefeiert. Ein richtiges Osterfest. Bunt gefärbte Eier lagen auf den Tischen des Gemeindehauses, „gekickt“ wurden sie erst Spitze auf Spitze, dann Rundung auf Rundung. Safrangelber Osterkringel war von den Frauen der Gemeinde gebacken worden, er duftete so, wie ein Osterkringel zu duften hat. Und es wurde gegessen, wenn auch nicht, wie es der orthodoxe Ritus vorschreibt, als Belohnung nach wochenlangem Fasten. Die Tische bogen sich unter den armenischen Spezialitäten „Ailasan, Mschosch, Tolma, Nasuk und Gata“. Schön ist Ostern im Mai mit den Armeniern. Menank parov.

Anita Kugler