piwik no script img

Ehrengast?

■ SPD-Oberbürgermeister lädt Modrow zur Kieler Woche ein

Berlin (taz) - Selten kommt es vor, doch jetzt haben Schleswig-Holsteins Konservative wieder etwas zum Lachen. Der Kieler OB Karl-Heinz Luckardt (SPD) hat nämlich just in dem Moment, als der SPD-Landesverband die PDS zum politischen Hauptfeind erklärte, den Ex-DDR-Regierungschef Hans Modrow als Ehrengast zur Kieler Woche eingeladen.

Eine ausgeprägt linke Gesinnung kann nicht das Motiv des Oberbürgermeisters gewesen sein. Noch vor zwei Jahren, als die Grünen Ingrid Strobl und Ulla Penselin zu dem jährlichen Seglertreffen einluden, hatte Luckardt sich standhaft geweigert, den Brief zu unterschreiben. Schließlich galten die beiden als mutmaßliche Terroristinnen. Den PDS-Mann hingegen, der in „schwierigen Zeiten nicht die Klamotten hingeschmissen“ habe, so ließ Luckardt verbreiten, wolle er persönlich kennenlernen.

Dieses Ansinnen kommentieren SPD-Genossen mit den Vokabeln „instinktlos“, „wenig sensibel“. Aber in die Segler-Parade fahren sie dem OB nicht. So vermied der Landesparteitag am Wochenende ein böses Wort. Stattdessen nahmen die Sozis wohlwollend den politischen Bericht des Landesvorsitzenden Gerd Walter zur Kenntnis. Der fürchtet um das SPD-Monopol als „einzige soziale Reformpartei auf der Linken“ in Deutschland. „Hans Modrow und Gregor Gysi machen schon gelegentlich den Eindruck, als hätten sie vor der Revolution gar nicht in der DDR gelebt. Dabei zeigen Grundstücks- und Postenschiebereien, legalisiert durch Gesetze der Modrow -Regierung, daß der SED-Filz nach wie vor Realität ist.“

Die SPD hat sich darauf verständigt, Modrow sowohl einzuladen als auch die PDS politisch zu bekämpfen. Dagegen fordern Konservative und Grüne gleichermaßen verbiestert die Ausladung von Modrow. Dabei verspräche eine Bootsfahrt von Engholm und Modrow inklusive einer Diskussion über die politisch-ideologischen Differenzen der beiden „Parteien des demokratischen Sozialismus“ hohen Unterhaltungswert.

peb

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen