Knapper BRD-Standard

■ Soziale Rechte für DDR-Bürger

Aus dem Paragraphen 24 des ersten Entwurfs ist nun der Paragraph 29 geworden, aber außer der Numerierung hat sich nichts geändert. Unter der Überschrift „Übergangsregelung im öffentlichen Dienst“ wird darin festgeschrieben, daß in Tarifverträgen im Bereich des öffentlichen Dienstes der DDR die „allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse in der Deutschen Demokratischen Republik und die Erfordernisse der Konsolidierung des Haushalts beachtet werden“. Diese Bestimmung des Staatsvertrages wird von den Gewerkschaften heftig kritisiert, nicht weil sie in ihrer praktischen Politik die Grenzen der Finanzierbarkeit nicht akzeptieren wollen, sondern weil darin eine rechtlich bindende Einschränkung des Allerheiligsten der Gewerkschaften enthalten ist, der Tarifautonomie. Mit Hinweis auf diese Bestimmung wird die DDR-Regierung jede Verhandlung über gewerkschaftliche Lohnforderungen im öffentlichen Dienst verweigern können.

Abgesehen von dieser Einschränkung haben die Gewerkschaften aufmerksam registriert, daß ein Teil ihrer Einwände gegen den bisherigen Vertragsentwurf bei der Neufassung berücksichtigt worden ist. „Streik und Aussperrung sind zugelassen, soweit sie nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen“, hatte es im früheren Entwurf geheißen. Diese Reglementierung der gewerkschaftlichen Bewegungsfreiheit ist im neuen Entwurf nicht mehr enthalten. Bedenklich war darin beides: die Einschränkung des Streikrechts und die ausdrückliche Zulassung der Aussperrung.

Als Fortschritt gegenüber dem bisherigen Vertragsentwurf wird auch vermerkt, daß Massenentlassungen in der DDR - wie in der Bundesrepublik - beim Arbeitsamt angemeldet werden müssen. Insgesamt vermerkt der DGB, man habe hinsichtlich der sozialen Rechte der Beschäftigten und der Gewerkschaften den unbefriedigenden BRD-Standard knapp gehalten.

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