Zombi-Zauber auf der Reichskanzlei

■ Gustav Mahlers „Auferstehungs-Symphonie“ als Großspektakel über dem Führerbunker

Da veranstaltet eine Westberliner TransCultura Veranstaltungs-GmbH zusammen mit den Ostberliner Festtagen und einer gewissen „Concert World International“ zum Schnapsdatum 7. Juli auf dem „Potsdamer Platz“ ein Massenspektakel für 80.000 Zuschauer plus üblicher Transmission durch diverse Fernsehanstalten. Alles zugunsten einer dann zu gründenden „Ost-West-Kulturstiftung“, die ihrerseits dann wieder junge Künstler unterstützt - so weit, so schön. Tagsüber gibt's ein „umfangreiches Rahmenprogramm“ mit Blumenausstellung, Flug von Friedenstauben und abends einen weinenden Kohl-Kanzler-Christen mit einem weinenden Maiziere-Ministerpräsidenten-Christen auf der Ehrentribüne in den Armen liegend, „höchste Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur“ ebendort als Back-Round-Schniefer, Volk, viel Volk in freier Luft um deren Knie frohlockend auch dies: geschenkt. Und die Revanche, die der Stiftungsehrenvorsitzende und Dirigent Lorin Maazel seinem schnelleren Kollegen Leonard Bernstein für dessen Sylvester -Beethoven-Freiheit-schöner-Götterfunken-Konzert reindreht, wenn er hier jetzt 400 Musiker aus Ost und West spektakulär dirigiert - menschlich verständlich.

Aber daß das ganze eben keineswegs, wie behauptet, am „Potsdamer Platz“ stattfindet, „der erstmals seit 40 Jahren für eine Großveranstaltung freigegeben wird“, sondern daneben, auf dem Gelände zwischen Friedrich-Ebert-, Voß- und Wilhelmstraße, das nicht erst seit 1961 „Todesstreifen“ war, nämlich exakt dort, wo sich die Führerbunkeranlage unter Hitlers Neuer Reichskanzlei und unter den Ministeriengärten zog - das ist schon nicht mehr einfach nur mißlungen.

Und was wird hier auf dem Führerbunker gespielt? Volltreffer: Gustav Mahlers „Auferstehungs-Symphonie“. So wird dort also laut Maazel die Botschaft vom „Leben nach dem Leben“ verkündet, der „Heilungsprozeß der durch eine grausame Geschichte geteilten Stadt“ symbolisiert und der „Wiederaufbau einer so großartigen Stadt“ gefeiert. Wohlgelungen!

Gabriele Riedle