Hungerstreik gegen Pressezensur

■ In einem türkischen Gefängnis protestieren inhaftierte Journalisten gegen die „SS-Verordnung“

Berlin (taz) - Einen Monat nach Verhängung des Kriegsrechts über Kurdistan, das unter anderem eine Pressezensur für die gesamte Türkei bedeutet, sind am Mittwoch im Gefängnis von Canakkale acht Journalisten in einen unbefristeten Hungerstreik getreten. Die Häftlinge sind wegen ihrer journalistischen Arbeit zu Strafen zwischen 6 und 123 Jahren verurteilt und während ihrer jahrelangen Haft teilweise schwer mißhandelt worden. Unter den Hungerstreikenden sind auch sechs ehemalige Chefredakteure von Publikationen, die die Militärs nach dem Putsch am 12. September 1980 verboten haben. In ihrer Erklärung verurteilen die Hungerstreikenden besonders die berüchtigten Gesinnungsparagraphen des türkischen Strafrechts, 141 und 142, die jegliche kommunistische Aktivitäten unter hohe Strafe stellen. Zugleich wenden sie sich gegen das Dekret 413, mit dem am 10.April dieses Jahres de facto das Kriegsrecht über Türkisch-Kurdistan verhängt wurde. Dieses in Kurdistan als „SS-Verordnung“ (Sansür ve Sürgün für: Zensur und Exil) bezeichnete Dekret hat unter anderem die Funktion, den Informationsfluß über Kurdistan in die Türkei zu unterbinden.

Unterdessen sind in der Türkei wieder Journalisten verhaftet worden. Baki Karadeniz und Faysal Dagli arbeiten für die linke Wochenzeitung 'Ikibine Dogru‘, die regelmäßig über Kurdistan berichtet. In der letzten Woche interviewten sie noch zwei deutsche Bundestagsabgeordnete der Grünen, die mit einer Medico-international-Delegation Kurdistan besuchten, um sich vor Ort über die Menschenrechtslage zu informieren. Den beiden Journalisten werden „Aktivitäten für eine illegale Organisation“ vorgeworfen. Den Rechtsanwälten der Journalisten wurde bisher die Kontaktaufnahme zu ihren Klienten verwehrt.

dora