Sanktionsfront der EG-Staaten weicht auf

■ De-Klerk-Rundreise erfolgreich: EG will über Lockerungen beraten / Rassentrennung in vielen Krankenhäusern aufgehoben / Mandela warnt vor Ende der Sanktionen / Auseinandersetzungen zwischen schwarzen Bergarbeitern und faschistischen weißen Schlägertrupps

Berlin (afp/ap/taz) - Die Goodwilltour des südafrikanischen Staatspräsidenten de Klerk durch neun europäische Staaten zeitigt bereits erste Erfolge: Bei ihrem Gipfeltreffen im Juni in Dublin werden die Staats- und Regierungschefs der EG -Mitgliedsländer ihre Sanktionen gegenüber Südafrika überprüfen. Diese Zusage machte der irische Außenminister und derzeitige Präsident des Europäischen Rates, Gerald Collins, gestern bei einem kurzfristig arrangierten Gespräch mit de Klerk in Brüssel.

Zuvor war der Chef des Apartheidstaates bereits von mehreren europäischen Größen empfangen worden, zuletzt vom Präsidenten der EG-Kommission, Jacques Delors, vom belgischen König Baudouin und vom belgischen Ministerpräsidenten Martens.

Bei de Klerks Gesprächspartnern entstand der Eindruck, die südafrikanische Regierung bewege sich auf eine „völlige Aufhebung der Apartheid und tiefgreifende politische Reformen zu“, wie der belgische Außenminister Marc Eyskens gestern äußerte.

Bislang plädierten vor allem die britische und die portugiesische Regierung für eine Lockerung der Einfuhrverbote für Eisen, Stahl und Goldmünzen aus Südafrika, Sanktionen, die die EG-Staaten im September 1986 verhängt hatten. Doch jetzt scheinen auch entschiedenere Apartheidgegner umzuschwenken, so erklärte nun die dänische Regierung, daß sie angesichts des neuen Liberalisierungskurses noch in diesem Jahr wieder einen Botschafter nach Johannesburg entsenden wird.

Flankiert war die De-Klerk-Reise gestern von einer weiteren partiellen Aufhebung der Rassentrennung: In den meisten staatlichen Krankenhäusern sollen fortan weiße und schwarze PatientInnen zugelassen werden. Der größte Wirtschaftsverband Südafrikas, SACOB (South African Chamber of Business) forderte gestern gar die Abschaffung der Rassendiskriminierung.

Als „gefährlichen Trend“ bezeichnte der Vizepräsident des Afrikanischen Nationalkongresses ANC, Nelson Mandela, die Aufhebung der Sanktionen. Damit würden die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft zur Beseitigung der Rassentrennung in Südafrika unterminiert, sagte Nelson Mandela gestern in Nigeria. Die Situation in Südafrika sei „extrem heikel“, Schwarze würden weiterhin willkürlich festgenommen, inhaftiert und getötet.

Zu schweren Rassenkonflikten kam es unterdessen in der südafrikanischen Goldmine „Präsident Steyn“ in der Provinz Oranje. Nachdem am Mittwoch bei Auseinandersetzungen über die Entlassung von schwarzen Bergleuten zwei Weiße getötet und zwölf Schwarze zum Teil schwer verletzt wurden, bewachten gestern schwerbewaffnete südafrikanische Polizisten den Grubeneingang. Im nahen Städtchen Welkom kündigte die faschistische Afrikaner-Widerstandsbewegung (AWB) an, daß sie den Mord an den beiden weißen Angestellten des Bergwerks „rächen“ werde.

dora