Müllkrieg im Freistaat Bayern

Bürgerinitiative verteidigt ihr Volksbegehren gegen einen Gesetzentwurf von SPD und CSU Bistum Passau unterstützt die BI / Regierung will prominenten Müllverbrennungsgegner disziplinieren  ■  Von Luitgard Koch

München (taz) - Der Countdown läuft. Am 15. Juni beginnt für die bayernweite Bürgerinitiative „Das bessere Müllkonzept“, das von ihnen angestrebte Volksbegehren zur Wende in der Müllpolitik. 850.000 Unterschriften sind nötig, damit ihr Gesetzentwurf eine Chance bekommt. Bis dahin wird in Bayern noch heftigst gestritten. „Wir wollen keine halben Sachen“, heißt es in der BI, die Zulauf erhält, wie Anfang der 80er Jahre die Anti-WAA-Bewegung.

SPD und CSU treten mit einem schnell zusammengezimmerten neuen Müll-Gesetzentwurf gegen die BI und ihr geplantes Volksbegehren an. Dieser kam freilich nur auf Druck der BI zustande, da der bayerische Verwaltungsgerichtshof das Volksbegehren für zulässig erklärte und damit das Innenministerium blamierte. Vor allem die SPD hat jetzt, knapp ein halbes Jahr vor den Landtagswahlen, Schwierigkeiten, der eigenen Basis klarzumachen, daß ein Kompromißentwurf besser und ein Volksbegehren überflüssig sei. Vom SPD-Unterbezirk über die Stadt München bis zu etlichen Kreis- und Ortsverbänden wird die BI von den Sozis unterstützt. Damit ihr Spitzenkandidat und Landtagsfraktionschef Karlheinz Hiersemann nicht sein Gesicht verliert, sollen die SPD-Delegierten auf dem Landesparteitag am Wochenende dem Volksbegehren abschwören. Aber auch die CSU hat ihre Basis nicht im Griff. In Buchlö bei Augsburg paktiert der ganze CSU-Stadtrat mit der Bürgerinitiative, und selbst das erzkonservative Bistum Passau hat dem Volksbegehren seine Unterstützung zugesagt.

Wie zu bayerischen WAA-Zeiten versucht die Staatsregierung Kritiker wie den bekannten Toxikologen und Müllverbrennungsgegner Max Daunderer mundtot zu machen. Innenminister Stoiber (CSU) setzte sich bei der Landesärztekammer für ein Disziplinarverfahren ein. Daunderer habe sich wiederholt durch „vollmundige“ Behauptungen hervorgetan, die in der Bevölkerung „Ängste schüren“.

Ein brisanter Punkt ist nach wie vor die Müllverbrennung. Wo SPD und CSU in ihrem Gesetzentwurf behaupten, eine Subventionierung der Verbrennung sei weitgehend verhindert, sehen BI und Grüne nur halbherzige Einschränkungen. Nach dem Entwurf soll Müllverbrennung nur dann gefördert und erlaubt sein, wenn alle anderen Verwertungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. Die Einschränkung, daß die thermische Verwertung „umweltverträglich und nicht gesundheitsschädigend sein soll“, wie die BI in ihrem Gesetzentwurf festgeklopft hat, fehlt gänzlich. Wie wenig ernst es dem bayerischen Umweltministerium mit der „Wende“ ist, zeigt ein anderes Beispiel: Müllressortleiter Joseph Vogl, der federführend am neuen Gesetzentwurf mitwerkelte, versprach dem Augsburger Zweckverband, daß sie die Kapazitäten ihrer beiden Müllöfen erweitern könnten, falls nach dem neuen Gesetzentwurf, der am 1.Juli diesen Jahres verabschiedet werden soll, die dritte Ofenlinie nicht mehr durchsetzbar sei.