Integrieren statt Abschieben

■ Der Stellvertretende Regierungsbeauftragte für Ausländerfragen der DDR, Mario Sander, erläutert die rechtlichen Fragen der Flüchtlingsproblematik

„Wir sollten dichtmachen“ - so lautet nach den Worten des stellvertretenden Regierungsbeauftragten für Ausländerfragen der DDR, Mario Sander, die Reaktion vieler DDR-Bürger auf die rumänischen Flüchtlinge. Aber, sagt Sander, „nur weil der Anschluß an die Bundesrepublik und der Beitritt zur EG unmittelbar bevorstehen, können wir doch nicht auf einmal sagen: Die kennen wir nicht mehr.“

Er glaubt, daß es schwierig werde, durchzusetzen, daß das besondere Verhältnis der Noch-DDR zu den ehemals sozialistischen Ländern im EG-weiten Asylrecht seinen Niederschlag finde. Noch gibt es in der DDR kein Asylverfahren entsprechend dem in der Bundesrepublik.

Im DDR-Außenministerium ist zur Zeit ein Justitiar mit der Vorbereitung des Beitritts der DDR zur Genfer Flüchtlingskonvention beschäftigt. Die sich daraus ergebenden asylrechtlichen Normen sollen in Absprache mit den bundesdeutschen Behörden zwecks Abstimmung und „Harmonisierung der Reisebestimmungen, des Asyl-und Aufenthaltsrechts“ geschaffen werden.

Nach den Empfehlungen der zuständigen Regierungskommission, die heute im Kabinett diskutiert werden, sind die in den Aufnahmelagern „vorsprechenden ausländischen Bürger auf Grundlage der Meldeordnung zu registrieren. Es ist ein Sondierungsgespräch zum Motiv des Aufenthaltes zu führen.“ Die ankommenden Flüchtlinge können sich zunächst vier Wochen besuchsweise in der DDR aufhalten. Für weitere zwei Monate müssen sie eine Aufenthaltsgenehmigung beantragen.

Ob diese „Selbstmeldepflicht“ von den verängstigten, meist deutschunkundigen Rumänen als Alternative zum Bahnhofsdasein angenommen wird, bleibt fraglich.

Die Beschaffung von Unterkünften ist kompliziert. Die Bezirke sollen verpflichtet werden, bis zum 25. Mai, in einer Woche also, zunächst tausend Plätze aus dem Boden zu stampfen. Im Hause des Abrüstungs- und Verteidigungsministers Eppelmann wird der Berliner Magistrat vorsprechen, um einen Nutzungsvertrag für die Kaserne in Biesdorf einzuholen, in der rund 1.300 Flüchtlinge untergebracht sind.

Mario Sander hofft auf die Unterstützung von unten, durch Kirchengruppen, Umweltbibliothek, Initiative Frieden und Menschenrechte. Er will mit Westberliner Flüchtlingsverbänden Informationen über mögliche Integrationsmodelle austauschen.

Irina Grabowski