Vobo-Folgen: Daten oder Geld her

■ Drei Jahre nach der Volkszählung soll Neubremer Zwangsgeld zahlen, ersatzweise Haft absitzen

Drei Jahre ist es inzwischen her, daß alle bundesdeutsche Welt geschätzet wurde. Inzwischen stehen wir vor deutscher Einheit, überfüllten Übersiedlerlagern und der Erkenntnis, daß alle Daten von damals längst überholt sind. Brandaktuell ist die Volkszählung '87 nur noch für eine verschwindenede Minderheit. Zu ihr gehört der 26jährige Neubremer Frank M.

Am 23. Mai, so erfuhr M. jetzt durch die „Freie Hansestadt Bremen, vertreten duch das Finanzamt Mitte“, hat sich M. pünktlich um 10 Uhr in der „Zentralen Vollstreckungsstelle Bremen“ einzufinden. Dort soll M. nun letzmalig mit den Folgen der Tatsache

konfrontiert werden, daß keine Bundesregierung und keine Erhebungsstelle bis heute ordnungsgemäß von M.'s statistischer Existenz Ahnung hat.

Rache der Statistiker: Jetzt wollen sie es gleich ganz genau wissen: An Eides Statt soll M. ihnen jetzt verraten, über welches bewegliche Vermögen, welche Immobilien, Wertgegenstände, Erbschaften usw. er verfügt. M. ist zum Offenbarungseid gebeten, unentschuldigtes Fernbleiben kann mit Haftbefehl geahndet werden.

Die drakonischen Drohungen des Bremer Finanzamts erfolgen in Amtshilfe für das Statistische Landesamt Kiel. Seit 1988 versu

chen sich die Kieler Datenerfasser mit 200 Mark darüber hinwegtrösten, daß sie der Daten M.'s bis heute nicht habhaft werden konnten: Höchstpersönlich ließ Uwe Barschels damaliger Innenminister, Hans Peter Bull, den ungezählten Schleswig-Holsteiner Frank M. seinerzeit wissen: Die Volkszählung sei zwar inzwischen offiziell beendet, auf das gegen ihn festgesetzte Zwangsgeld von DM 200 könne deswegen aber noch lange nicht verzichtet werden.

Auch der Umstand, daß M. kurz nach Empfang der Ministerpost von der Schleswig-Holsteiner 6000-Seelengemeinde Bramstedt nach Bremen/Walle umzog,

ließ ihn seinem Schicksal nicht entgehen.

Im Juli ließen ihm die Bremer Behörden in den Briefkasten werfen, wie sie sich die Eintreibung des Zwangsgeldes vorstellten: „Falls erforderlich, können auch in Ihrer Abwesenheit Türen und Behältnisse durch einen Fachmann auf ihre Kosten geöffnet werden.“ Und 14 Tage später wurde M. obendrein offiziell „Erzwingungshaft“ angedroht.

Angesichts der Übermacht der Behörden und seiner unerschütterten Überzeugung, daß seine Vermögensverhältnisse niemanden etas angehen, hat M. es inzwischen vorgezogen zu bezahlen.

K.S.