Alle neu: LehrerInnen und Schulen

■ Henning Scherf bilanzierte die ersten 100 Tage des neuen BiWiKu-Senators

Als hätte der Zufall Regie geführt, wandelte gelassen und grüßend „Thomas“ Franke zwischen Rathaus und den Weinständen auf dem Marktplatz umher, während sein Nachfolger im Amt des Senators für Bildung, Wissenschaft und Kunst, Bürgermeister Henning Scherf, im Sitzungssaal des Rathauses bemüht war, in seiner Bilanz der ersten Hundert Tage aus dem Schatten des Vorgängers herauszutreten.

Daß das nicht einfach ist, konzedierte Scherf unumwunden: „Unübersehbar von Thomas Franke geprägt“ sei das riesige Ressort und da er ihn weder kopieren noch ihm beständig nachtrauern könne, bliebe ihm nur, einen eigenen Anspruch, ein eigenes Verständnis zu entwickeln. Der stille Weg der Emanzipation vom kampfeslustigen Franke hatte in der Öffentlichkeit den Eindruck bestärkt, daß Scherf zwar der Parteidisziplin Tribut gezollt, aber keine rechte Lust an dem neuen Arbeitsfeld entwickelt habe.

Gestern nun bekräftigte Scherf, daß mit dem „öffentlichen Weinen um den Verlust des Sozialressorts“ Schluß sei, auch wenn er noch immer dabei sei, seinen Wechsel manch langgedienten Mitarbeitern plausibel zu

machen. Daß die dreimonatige Amtszeit ihm aber auch Gelegenheit war, alte Ressentiments gegenüber seinem jetzigen Bereich abzulegen, belegten seine Vorstellungen von Schulpolitik, die Schwerpunkt der 100-Tage-Bilanz waren. Hatte er früher gesagt: „Die Schule hat zu viele Lehrer“, so stufte er als einen ersten Erfolg in der Bildungspolitik die Senatsentscheidung vom vergangenen Dienstag ein, zum nächsten Schuljahr 115 LehrerInnen und 8 Schulmeister unbefristet einzustellen. Damit könne man nach „langer und schmerzlicher Zeit des Einstellungsstopps“ nun endlich beginnen, die Alterspyramide in den einzelnen Schulen wieder schülergerechter zu gestalten. Um die Neueinstellungen im Senat durchzubekommen, hatte Scherf den zwischen Franke und Grobecker ausgehandelten Einstellungskorridor bis 1995 ausgeschöpft. Will er, wie angekündigt, auch in den nächsten Jahren Stellen ausschreiben, muß er den Kraftakt mit dem Finanzsenator riskieren. Darüberhinaus kündigte er den Bau zusätzlicher Schulräume an. In Osterholz-Tenever wird eine Grundschule neu gebaut, für die Schule in der Schmidtstraße und die Gesamtschule Mitte stehe der

Anbau weiterer Räumlichkeiten ebenso dringlich auf der Tagesordnung wie für eine Schule in der Neustadt. Dort allerdings habe er die Hoffnung, daß die alte Schule am Leibnizplatz bereits im Verlaufe des nächsten Schuljahres wieder als Gebäude zur Verfügung stehe. Mit der Shakespeare Company, die einen Teil der Anlage nutzt, sei ein Kompromiß abgesprochen, der Schule, Theater und eine neue Theaterkantine vorsehe.

„Draufzugehen auf die Bedürfnisse“, die sich in den Schulen entwickeln, das sei das Wesentliche. Nicht mehr die Separierung unterschiedlicher Vorstellungen in verschiedenen Schulen sei an der Zeit, sondern die Ermunterung an Eltern und LehrerInnen, ihre Ideen im Rahmen der bestehenden Schule zu probieren. Warum also keine bilinguale Erziehung in einem Schulzentrum, spielte Scherf auf einen früheren Franke -Konflikt an.

Das „hochentwickelte Niveau der Bremer Forschungsarbeit“ weiterhin zu unterstützen und einen „Einstieg in die Finanzierung der Kulturszene“ zu schaffen - das formulierte Scherf für die Bereiche Wissenschaft und Kunst als mittelfristige Ziele.

anh